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Foto: Mari Katayama, Antoine de Galbertcollection, Paris

Empowerment

Diese Ausstellung sollte um die Welt gehen. Und das nicht, weil Künstlerinnen von allen Kontinenten und aus 50 Ländern an ihr beteiligt sind. Sondern deshalb, weil ihre Arbeiten zeigen, wie sich Frauen weltweit für ihre Gleichberechtigung einsetzen. Gegen ihre Unterdrückung, gegen sexuelle Übergriffe, gegen Vergewaltigungen, gegen die Macht der Männer, gegen sogenannte Femizide, Frauenmorde.

"Was wäre, wenn Frauen die Welt regierten?", fragt die israelische Multimediakünstlerin Yael Bartana in einer Performance, die die aktuelle Lage, in der sich die Welt befindet, in apokalyptischen Bildern hinterfragt: Männer haben die Welt an den Rand des Kollapses geführt, eine reine Regierung aus Frauen versucht nun zu retten, was zu retten ist. Erstmalig 2018, Trump war der Präsident der USA, hat Bartana ihre Performance mit Schauspielerinnen und Expertinnen aus der Wissenschaft aufgeführt. Bei der Kritik kam das Werk seinerzeit nicht gut weg. Inzwischen haben wir In Deutschland mit Annalena Baerbock von den Grünen eine Außenministerin, die für eine feministische Außenpolitik steht und das auch bei öffentlichen Auftritten mit einfließen lässt. So erscheint auch Bartanas Performance heute, vier Jahre später, in neuem Licht. Nicht nur Baerbock steht für eine andere Politik, Länder wie Neuseeland und fast alle skandinavischen Länder werden seit einigen Jahren von Frauen regiert, die es anders machen.

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Und auch das Körperbild von Frauen ist nicht länger nur ein Objekt der Begierde von Männern, seit Frauen es selbst in die Hand genommen haben, es aus ihrer Sicht zu zeigen. Heraus stechen in der Ausstellung die Selbstbildnisse der japanischen Multimediakünstlerin Mari Katayama. Eine angeborene Erkrankung hat ihre linke Hand verstümmelt und zur Amputation ihrer Unterschenkel geführt. Sie zeigt sich unter anderem als liegenden weiblichen Akt, ein Jahrhunderte altes Motiv. Nur: Sie trägt, auf weißen Satin gebettet, roten Lippenstift, roten Nagellack, ein hautfarbenes Mieder und ihre Beinstümpfe stecken in Thrombosestrümpfen. Viel mehr als ein nackter Körper transportieren Katayamas inszenierten Fotos und Videos die Message: Ich bin so, wie ich bin, und das ist gut so.

Insgesamt 100 starke und feministische Positionen gibt es in Wolfsburg zu sehen und erleben. Wer auf die Welt mit den Augen von Frauen blicken will, sollte sie nicht verpassen. Petra Welzel

KUNSTMUSEUM WOLFSBURG, HOLLERPLATZ 1, 10.9.22 BIS 8. Janur 23, DI–SO 11–18 UHR

Mining Photography. Der ökologische Fußabdruck der Bildproduktion

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Mit Salz, Kupfer und Silber fing es an. Diese natürlichen Rohstoffe wurden mit dem Beginn der Fotografie benötigt, um die ersten Bilder auf Kupferplatten und Salzpapierabzügen wiederzugeben. Jetzt, in Zeiten der digitalen Fotografie, sind es seltene Erden und Metalle wie Koltan, Kobalt und Europium, um Bilder einzufangen und sichtbar zu machen. Den CO₂-Verbrauch, der durch Speicherung und Verbreitung der Fotos entsteht, ist da noch gar nicht eingepreist. Dass die Fotografie aktuell somit nicht nur den Klimawandel für entsprechende Berichte und Reportagen abbildet, sondern ihn selbst durch ihren Ressourcenverbrauch mit verursacht, ist Thema dieser sehr interessanten Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Nicht nur Bilder verschiedener Fotograf*innen dokumentieren das Problem, in Interviews belegen Restaurator*innen, Geolog*innen und Klimaforscher*innen, dass die Fotografie ein Teil des großen Problems ist.

Petra Welzel

MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE HAMBURG, STEINTORPLATZ, BIS 31. OKTOBER 22, MO–SO 10–18, DO BIS 21 UHR

Frei. Schaffend. Die Malerin Ottilie W. Roederstein

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Sie hatte alles, was eine Frau und Malerin um die 1900er-Jahrhundertwende brauchte, um sich einen Namen zu machen. Die deutsch-schweizerische Malerin Ottilie W. Roederstein (1859–1937) lebte mit einer Frau, einer Gynäkologin, zusammen in der Nähe von Frankfurt am Main, setzte sich als Porträtmalerin in einem von Männern dominierten Feld durch und gab der Frau an sich eine Stimme durch ihren ganz besonderen Zugang zu ihren weiblichen Modellen. Angelehnt an das klassische Porträt der Renaissance blicken einen vor allem selbstbewusste Frauen, teils mit strengen Minen an. Frauen, die wissen, was sie wollen und wofür sie stehen. Und mit diesen Frauenbildnissen hatte Roederstein schon zu Lebzeiten Erfolg. Auch das war in der Kunstwelt zur damaligen Zeit keine Selbstverständlichkeit. Von ihrem Ruhm und Erfolg hat sich nicht viel in die Gegenwart gerettet. Deshalb widmet ihr jetzt das Städel Museum, das als erstes Museum eines ihrer Werke zu ihrer Zeit ankaufte und zeigte, diese Ausstellung. Eine Hommage an eine Künstlerin.

Petra Welzel

STÄDEL MUSEUM FRANKFURT, SCHAUMAINKAI 63, BIS 16. OKTOBER 2022, DI–SO 10–18, DO BIS 21 UHR