Ezra Furman: All Of Us Flames

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Die Sehnsucht nach der verlorenen Liebe. Der Blick zurück auf das verlorene Heim. Die Trauer um den Verlust der Familie. Die Themen könnten von Bruce Springsteen sein, die Musik sowieso: Ezra Furman klingt auf ihrem neuen Album All Of Us Flames so raumgreifend wie ihr Landsmann, der große Troubadour des amerikanischen Traums. Das Klavier und die Gitarre ziehen weite Kreise, die Melodien sind dramatisch, die Songs erzählen Geschichten, die von Steinbeck stammen könnten: "But I can't live the old way, that way nearly left me dead." Es gibt nur einen feinen, aber entscheidenden Unterschied: Die Außenseiter, die die bisexuelle trans Künstlerin und Mutter besingt, stehen am Rand der Gesellschaft aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, hier erzählen Queers von ihren Verlusten und klagen ein, gehört zu werden. Der anschlussfähige Sound macht die Songs der 35-Jährigen zum U-Boot, mit dem heutzutage immer noch diskriminierte Sichtweisen als neue Normalität im Mainstream ankommen. "I am both Samson and Delilah" – Ich bin Samson UND Delilah, singt Ezra Furman. aber als großartigen Beitrag zum Great American Songbook hören und würdigen kann man All Of Us Flames auch ohne Hintergrundwissen. Thomas Winkler

PIAS/Bella Union/Rough Trade

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Funny van Dannen: Kolossale Gegenwart

Wahrscheinlich ist sein Künstlername schuld. Hätte Franz-Josef Hagmanns-Dajka sich nicht Funny van Dannen genannt, dann stünde der Singer/Songwriter nicht immer noch permanent unter Humorverdacht. Tatsächlich aber hat der mittlerweile 64-jährige Wahlberliner schon vor Jahrzehnten den Staffelstab von der ersten Liedermacher-Generation übernommen. Er führt die von den ernsthaften Waders und Degenhardts begründete Tradition fort, ohne aber deren Massenerfolg zu teilen. Was kaum zu verstehen ist, denn auch auf seinem neuen Album Kolossale Gegenwart blickt van Dannen allein mit seiner immer noch sehr jungenhaften Stimme, einer akustischen Gitarre und seltener Mundharmonika wieder mal verzückt, öfter entgeistert auf die Welt. Im Titelsong entzaubert er den Istzustand der Bundesrepublik und in Umsturz die Hybris einer alt gewordenen Linken, in Lauterbach wird er verdammt aktuell. Die Wut richtet er dann doch auf die Zustände und immer wieder singt er vom Tod. Weil er die Verzweiflung und die Trauer wie kein anderer mit einer feinen Ironie auszubalancieren weiß, trägt Funny van Dannen sein Pseudonym letztendlich aber dann doch sehr zu Recht. Thomas Winkler

Trikont

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Anoushka Shankar: Between Us

Für die Wertschätzung indischer Musik im Westen hat wohl niemand mehr getan als der Sitar-Virtuose Ravi Shankar (1920–2012). Aber auch außerindischen Einflüssen gegenüber war er stets offen, wie unter anderem seine Freundschaft zum Beatle George Harrison beweist. Shankars Tochter Anoushka, ebenfalls eine exzellente Sitar-Spielerin und Halbschwester von Norah Jones, setzt dieses Erbe fort und profiliert sich seit langem als musikalische Weltbürgerin von Format. Auf ihrem neuen Album Between Us musiziert sie gemeinsam mit dem renommierten niederländischen Metropole Orkest, das in Europa für seine zahlreichen Crossover-Projekte eine führende Rolle beanspruchen darf. Neben Arrangeur und Dirigent Jules Buckley ist es vor allem Anoushka Shankars langjähriger Begleiter Manu Delago, der mit seinem vielfältigen Percussion-Arsenal und dem bezaubernden Klang des Instrumentes Hang rhythmische und klangliche Akzente setzt. Beeindruckend, wie diese Konzert-Mitschnitte indische Klassik und westlichen Orchesterklang miteinander versöhnen. Peter Rixen

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