Es ist pervers. Nicht nur Energiekonzerne wie RWE, die aktuell Lützerath platt machen, fahren in der Krise Rekordgewinne ein. Auch die Lebensmittelbranche zählt zu den Krisengewinnern. Die Preise für Sonnenblumen- und Rapsöl sind innerhalb eines Jahres um 82 Prozent gestiegen. Eier und Milch sind mittlerweile 34 Prozent und Zwiebeln 32 Prozent teurer. Und ja: Steigende Energiekosten tragen maßgeblich zu dieser Teuerung bei. Aber: Die Teuerungsrate bei Lebensmitteln lag in den letzten Monaten doppelt so hoch wie die durchschnittliche Inflation.

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Rita Schuhmacher ist Redakteurin der ver.di publikFoto: Renate Koßmann

Nicht alle Preissteigerungen sind transparent und auf höhere Herstellungskosten zurückzuführen. Viele Lebensmittelhersteller erhöhen ihre Preise stärker als ihre Kosten steigen, um höhere Gewinne einzufahren. Und an der Börse wird nicht nur mit Gas und Erdöl spekuliert. Ein Teil der aktuellen Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln ist spekulationsgetrieben, sagen Wirtschaftsexperten wie Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Ein Beispiel: Hat eine Tonne Weizen einen Tag vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine noch 287 Euro gekostet, so verdoppelte sich der Preis nur wenig später. Grund dafür war der russische Boykott ukrainischer Seehäfen und Spekulation an der Börse. Das muss aufhören, fordern auch Verbraucherschützer*innen. Die Chefin der Verbraucherzentrale Ramona Pop bringt deswegen zurecht wieder die Übergewinnsteuer ins Spiel. Ihre Befürchtung ist, dass Lebensmittelkonzerne die Inflation weiter nutzen werden, um heimliche Preissteigerungen durchzusetzen.

Um insbesondere geringverdienende Bürgerinnen und Bürger wirklich zu entlasten, braucht es höhere Löhne, ein höheres Bürgergeld, eine Diskussion über die Streichung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Nahrungsmittel, die Ausweitung der Übergewinnsteuer und ein Ende der Zockerei mit Agrarrohstoffen an der Börse.