München ist ein teures Pflaster. Das merken vor allem Menschen, die wenig verdienen und besonders unter den gestiegenen Kosten leiden. Der Mindestlohn reicht schon lange nicht mehr, um ein Leben in Würde führen zu können. Zumal die Preissteigerungen Geringverdienende deutlich stärker treffen, als die offizielle Statistik anzeigt. Wer so wenig für gute Arbeit verdient, wird die kürzlich – gegen die Stimmen der Gewerkschaften –beschlossene Mindestlohnerhöhung um zwei Mal 41 Cent als Hohn empfunden haben. So gilt der neue Mindestlohn von 12,41 Euro erst ab 2024, obwohl die Preise seit Monaten davongaloppieren. "Beschämend", nennt dies der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). De facto seien dies Einkommensverluste bei den Einkommensschwächsten.

Die Münchner SPD will das nicht tatenlos hinnehmen und fordert einen Münchner Mindestlohn von 16 Euro die Stunde. Viele Menschen hätten das Gefühl, immer mehr zu arbeiten, sich jedoch trotzdem immer weniger leisten zu können. Auf Initiative der SPD/Volt-Fraktion hat der Stadtrat nun den Münchner Mindestlohn beschlossen. "Der Münchner Mindestlohn wird kommen", freut sich der Münchner SPD-Vorsitzende, Christian Köning. Mit ihrer Initiative kämpfe die SPD für eine bezahlbare und sozialStadt." Oberbürgermeister Dieter Reiter setzt sich schon seit längerer Zeit für eine höhere Lohnuntergrenze in München ein und steht deshalb voll hinter dem SPD-Antrag.

Gutes Vorbild

Doch wie funktioniert der kommunale Mindestlohn? Erst geht die Stadt mit gutem Vorbild voran und zahlt ihren Beschäftigten mindestens 16 Euro pro Arbeitsstunde. Auch alle städtischen Unternehmen sollen einbezogen werden – also Stadtwerke, Verkehrsbetriebe oder städtische Kliniken. Dann soll der kommunale Mindestlohn auch ein Kriterium bei der Auftragsvergabe durch die Stadt werden. Sie könne aus rechtlichen Gründen den München-Mindestlohn bei der Vergabe zwar nicht zwingend vorschreiben, aber dem Lohn-Kriterium "eine gewichtige Rolle geben", erklärt Simone Burger, Münchner DGB-Vorsitzende und SPD-Stadträtin. Das Vergabeverfahren soll in Pilotprojekten bei der Reinigung und der Sicherheit getestet werden.

Private Arbeitgeber kann die Stadt nicht verpflichten, ihren Beschäftigten die 16 Euro Mindestlohn pro Stunde zu zahlen. Hier hofft Köning auf die Signalwirkung und möchte ein Qualitätssiegel für Unternehmen entwickeln, die sich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus an der Initiative "Münchner Mindestlohn" beteiligen: eine Auszeichnung als "Fairer Arbeitgeber". Ein ähnliches Modell gäbe es bereits in London.

Dass der aktuelle Mindestlohn von 12 Euro lange nicht ausreiche, um die hohen Lebenshaltungskosten in München zu stemmen, betont Simone Burger. Der Mindestlohn von 16 Euro solle deutlich machen, wo in München die Löhne mindestens liegen müssten, erklärt sie und bedauert, dass die Stadt leider nicht alles regeln könne. "Die Umsetzung des kommunalen Mindestlohnes wäre viel einfacher, wenn der Freistaat endlich ein Tariftreue- und Vergabegesetz beschließen würde." Burger geht davon aus, dass zwischen 17 und 19,5 Prozent der Beschäftigten zum Niedriglohn arbeiten

Für ver.di geht die Initiative in die richtige Richtung. Heinrich Birner, ver.di-Geschäftsführer in München, fordert Unternehmen auf, sich anzuschließen. "Ein Münchner Mindestlohn ist eine Notmaßnahme, um Armut trotz Arbeit zu verhindern. Wir werden jetzt sehen, welche Arbeitgeber beziehungsweise Unternehmensverbände die 16 Euro Münchner Mindestlohn ablehnen. Die müssen sich dann vorwerfen lassen, dass sie unsoziale Unternehmer sind."

Auch wenn die Gewerkschaften den Münchner Mindestlohn begrüßen: Ein Ersatz für starke Gewerkschaften und gute Tarifverträge kann er nicht sein. Die Arbeitnehmer*innen müssen es selbst in die Hand nehmen, Mitglied in der Gewerkschaft werden und für gute Tarifverträge kämpfen.