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Sparen bitte nur mit dem SparschälerSammlung Werkbundarchiv - Museum der Dinge Fotos: Armin Hermann

Diese Sammlung ist einzigartig: keine Kunstwerke im gewöhnlichen Sinne, ­sondern Zündholzschachteln, Küchenutensilien, Verpackungen, Telefongeräte, tausende Alltagsgegenstände und Konsumprodukte nach überraschenden, teils thematischen, teils poetischen Kriterien zusammengestellt. Seit einem halben Jahrhundert widmet sich das „Museum der Dinge“ der Wahrnehmung und Histo­risierung unserer Designkultur. Träger des Berliner Museums ist das Werkbund­archiv, was uns noch tiefer in die Geschichte blicken lässt: Der Deutsche Werkbund, 1907 gegründet, hat die moderne Waren­ästhetik und die Architektur des 20. Jahrhunderts maßgeblich geprägt. Jährlich kommen 20.000 Besucher ins Museum, die Institution arbeitet eng mit Schulen zusammen und ist lokal wie überregional bestens vernetzt.

Entmietet von anonymen Spekulanten

Leider ist dieser Hort der materiellen Alltagskultur von einer immateriellen Kraft feindlich angegriffen worden, nämlich von einem gespensthaften Fonds mit Briefkasten im Steuerparadies Luxemburg. Diesem gehört die Immobilie in der Kreuzberger Oranienstraße, die außer dem Museum der Dinge die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (ngbk) und den renommierten Buchladen Kisch & Co beheimatete. Alle sind von den anonymen Spekulanten im Eilverfahren entmietet worden und mussten im November überstürzt ausziehen. Hier haben wir es also mit einer weiteren Episode der Gentrifizierung von lebendigen Standorten zu tun, die einst dank niedriger Mietpreise nicht nur in Berlin entstanden sind und nun im großen Monopolyspiel veröden.

Das Bezirksamt Mitte bemühte sich um eine Notlösung, und hunderte Umzugskartons werden jetzt in bezirkseigenen Räumlichkeiten untergebracht. Voraussichtlich im kommenden Mai soll dort die Ausstellung wieder öffnen, allerdings nur in rudimentärer Form. Für die Vielfalt und Fülle der Exponate reichen die dann verfüg­baren 900 Quadratmeter nicht. Zudem ist die Lage für ein Museum nicht sonderlich geeignet: In der Leipziger Straße, wo es zwischengeparkt wird, verkehren mehr Autos als Fußgänger. Wie dem auch sei, mit dem Provisorium gaben sich die ­Museumsmitarbeitenden zunächst zufrieden, sollte es doch bloß den Übergang zu einer viel besseren Lösung ermög­lichen.

Und die sah so aus: Seit fünf Jahren wird von Berliner Behörden und Architekturbüros an der Vervollständigung und Weiter­entwicklung der Karl-Marx-Allee gearbeitet, jener Hauptverkehrsachse in Berlin, die die Hinwendung der DDR zur Moderne signalisierte, doch damals auf halber Strecke geblieben war. Angesichts der anarchischen Entwicklung im Berliner Bauwesen seit der Wende ist etwas Stadtplanung vollends zu begrüßen. Der vorangegangene Senat hatte für die Karl-Marx-Allee Großes vor: Grünstreifen und Bäume statt Parkplätze, Radwege und Ladesäulen, Belebung der Straße durch weitere Gastronomie- und Kulturangebote. Dazu gehört der geplante Bau von sechs neuen Pavillons. In einem davon sollen das Museum der Dinge und das Werkbundarchiv einziehen, in einem anderen die ngbk. Inhaltlich passen beide Einrichtungen ideell zum zukunftsweisenden Bauvorhaben.

„Herber Schlag für Kunst und Kultur“

Die Pavillons sollten 2025 fertiggestellt werden, doch aufgrund der finanziellen Engpässe in Bund und Land wurde bereits mit einer Verzögerung von etwa sieben Jahren gerechnet. Florentine Nadolni, Leiterin des Museums der Dinge übte sich in Geduld. Schließlich waren die Mittel vom ehemaligen Kultursenator Klaus ­Lederer versprochen worden. Dementsprechend erschrak sie, als sie Mitte November durch Zufall erfuhr, dass die Berliner Koalition aus CDU und SPD die Mittel für die Pavillons im Hauptausschuss gestrichen hatte. Niemand im Senat hatte es für nötig gehalten, sie darüber zu informieren.

Umgehend kritisierte der Rat für die Künste sowohl die Mittelstreichung als auch die fehlende Transparenz der Entscheidung als „herben Schlag für Kunst und Kultur in Berlin-Mitte“. Der Rat rief die Senatsverwaltung für Kultur auf, mit ihm und den betroffenen Institutionen ein Krisentreffen anzuberaumen, um „Handlungsoptionen und alternative Finanzierungsperspektiven“ zu entwickeln. Bislang ohne Erfolg.

Zu einer Zeit, in der wichtige soziale Einrichtungen von Sparmaßnahmen des schwarz-roten Senats hart getroffen sind, mag einem die Sorge um ein Museum zweitrangig vorkommen. Doch begründet Florentine Nadolni ihr Unverständnis damit, dass sich die Investition in das Bauprojekt langfristig amortisieren würde. Da die Pavillons Landeseigentum wären, würden die Mietzahlungen deutlich kostengünstiger sein als eine Mietförderung für private Ausstellungsflächen. Die Streichung nennt sie deswegen kurzsichtig und eine Begünstigung des privaten Immo­bilienmarkts. War doch der neue Kultursenator Joe Chiallo mit dem Versprechen angetreten, Räume für Kultur in innerstädtischer Lage mit langfristig günstigen Mieten zu sichern.

Jetzt liegt das Schicksal des Museums in den Händen der Berliner Abgeordneten. Noch hofft Florentine Nadolni, dass die aus dem Kulturhaushalt gestrichenen Mittel von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gebilligt werden. Es wäre ja ein Armutszeugnis, wenn die Stadt eines ihrer originellsten kulturellen Wahrzeichen aufgeben würde. Mögen sich die Dinge dagegen erfolgreich widersetzen.