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Oliver Berg/dpa

Titel „Nur Mut!“, ver.di publik 1_2024

Ein volles "Ja" zu den vielen Demonstrationen. Doch ich habe zweimal ein "Aber". Bei einer Ursachenanalyse darüber, warum die AfD so stark geworden ist, wird man an einer Kritik der Politik von CDU, SPD, FDP und Grünen der letzten 30–40 Jahre nicht vorbeikommen. Außerdem gilt es Selbstkritik zu üben: Bei der letzten Landtagswahl in Hessen sind 22.000 frühere SPD-Wähler zur AfD übergelaufen und mehrere seriöse Umfragestudien gehen von 20 Prozent AfD-Wählern unter allen Gewerkschaftsmitgliedern aus. Auch ver.di publik sollte sehr viel kritischer über solche Zusammenhänge berichten. Jörg Becker, per E-Mail

Es war sehr gut, dass Ihr nicht nur auf die Proteste gegen die AfD eingegangen seid, sondern auch einmal deren "Programm" näher angeschaut habt. Die mindestens merkwürdige Tatsache, dass so viele der Sympathisanten aus Milieus kommen, die von der Politik dieser Partei eher neue Probleme statt eines Fortschrittes zu erwarten hätten, habt Ihr gut herausgearbeitet. Was für mich die Frage aufwirft, warum das so ist. Kurze These: eine Mischung aus Nicht-Bescheidwissen, Ignorieren, "ist mir egal (weil ich mit anderen Inhalten übereinstimme)" und Trotz (wir rächen uns jetzt an denen "da oben"). Wie geht man damit um? Wie kann man bei Menschen mit so einer Haltung etwas verändern, sofern das überhaupt geht?

Ich habe das dunkle Gefühl, dass die vielen Demos derzeit hier nicht reichen werden, so wichtig sie auch sind. Auch den Beitrag "Recht auf analog" in der vorletzten Ausgabe fand ich sehr gut.

Und auch sonst ist die Zeitung immer wieder mal echt horizonterweiternd!

Martin Schiefelbusch, Per E-Mail

Thema "Besteuert die Reichen", ver.di publik 1_2024

Danke, dass Sie das Thema der Vermögensteuer wieder hervorbringen! Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum immer nur um "Sparen" oder "Schulden" gestritten wird. Es wäre genug Geld da in Deutschland. Der Staat muss es nur von den Vermögenden und den Erben holen. Dann kann er seine Aufgaben angemessen erledigen und die Infrastruktur unseres Landes kann wieder instandgesetzt werden.

Hanno Köster, Osnabrück

Thema "Die Arbeitswelt verändert sich", ver.di publik 1_2024

Ich arbeite in der Security-Branche, muss bis zu 12 Stunden arbeiten, verschiedene Schichten, ohne Pausenraum, ohne Kantinenessen, ohne bezahlte Gesundheitsangebote vom Arbeitgeber, ohne Gleitzeitmöglichkeiten, ohne Homeoffice etc.. Und das noch für weniger Geld. Es ist eine Schande für den Standort Deutschland, dass es diese ungleichen Verhältnisse immer noch gibt. Wer fragt nach Zeit für uns, für die Familie, Hobbys und unsere Gesundheit? Unsere Branche erhält keine Wertschätzung in der Gesellschaft, wir sind nur immer da und arbeiten. Ich habe seit Corona durchgearbeitet ohne Anerkennung oder Bonuszahlung hierfür. Meine Hoffnung ist, dass durch den Fachkräftemangel auch ein Umdenken bei unserem AG Security einsetzt, mit mehr Personalqualität und besserer Bezahlung sich nicht für wenig Geld von den Auftraggebern abspeisen zu lassen!

Cornelia Müller, per E-Mail

Thema "Unerhört spannend", ver.di publik 1_2024

Ich kannte selbst jüdische Kollegen, die im Exil kämpften. Sie waren im KZ, in der Resistance, im Untergrund. Nicht gut fand ich den Nebensatz der Autorin, dass Putin sein Netz wohl über die ganze Welt gespannt hat und die Finger in den sozialen Medien hat.

Rudi Hechler, Mörfelden-Walldorf

Thema "Der letzte konsumfreie Ort", ver.di publik 1_2024

Ich bin Fachangestellte in einer Stadtbibliothek und habe mich über den Bericht über Bibliotheken sehr gefreut. Vielen Punkten kann ich nur zustimmen! Allerdings habe ich in dem Bericht gelesen, dass sich ver.di vor allem gegen die Sonntagsöffnung einsetzt. Selbst ein Open-Library-Betrieb wird eher negativ dargestellt (auch wenn es sich dabei nur um die Sicht eines einzelnen Bibliotheksmitarbeitenden handelt). Ich verstehe zwar die Argumentation auf der einen Seite, aber Argumente für die Sonntagsöffnung und für Open Library werden gar nicht genannt. So entsteht ein einseitiges Bild, denn die Sonntagsöffnung hätte in jedem Fall auch gesellschaftlichen Nutzen, vor allem in den heutigen Zeiten von Desinformation und rechter Meinungsmache. Es wäre schade, ausgerechnet den Kommunen, die bereit wären, eine Sonntagsöffnung oder auch nur einen servicefreien Open-Library-Betrieb zu finanzieren, Steine in den Weg zu legen. Natürlich dürfen diese Konzepte nicht zulasten der Mitarbeitenden umgesetzt werden. Aber nur weil eine Sonntagsöffnung gesetzlich erlaubt wäre, wäre sie ja nicht gleich vorgeschrieben. Vielmehr könnten wir vielleicht dafür sorgen, dass in entsprechenden Gesetzen oder Tarifvereinbarungen die Belange der Mitarbeitenden auch bei einer Sonntagsöffnung nicht zu kurz kommen. Und natürlich müssen Bibliotheken ihren bisherigen Kernaufgaben überhaupt erstmal nachkommen können, bevor zusätzliche Anforderungen an die Mitarbeitenden gestellt werden.

Vielen Dank für das Engagement und dafür, dass auch mein Beruf ein Thema meiner Gewerkschaft ist!

Valerie Kirsch, per E-Mail

Thema "Auf dem Grat der Behinderung", ver.di publik 1_2024

Mit Interesse habe ich den Artikel gelesen und dabei feststellen müssen, dass zwei der Aussagen fehlerhaft sind: Im § 208 des SGB IX ist geregelt, dass Behinderte ab einem GdB von 50 Anspruch auf 5 – und nicht 6 – Tage Zusatzurlaub haben und auch die Aussage zu den steuerlichen Vergünstigungen entspricht nicht der aktuellen Gesetzeslage. Die aufgeführten Steuerermäßigungen kann man entweder beim Arbeitgeber vorab oder bei der Einkommenssteuererklärung unter Vorlage des Bescheides, aus dem der GdB ersichtlich ist, geltend machen. Da das Sozial- und Steuerrecht einem fließenden Prozess unterliegt, ist es nicht immer einfach, auf der Höhe der Zeit zu sein. Deshalb wollte ich auf diese Sachverhalte hinweisen.

Detlef Baumann, SBV. (s. auch Richtigstellung S. 21, Die Red.)

Thema ver.di publik

Ich möchte ein positives Feedback aussprechen.

Ich freue mich über die Zeitung, weil die Artikel vielfältig und interessant sind.

Da sie alle paar Monate erscheint, habe ich genug Zeit, mich immer mal wieder hinzusetzen und etwas zu lesen. Und das Medium Papier finde ich als (fast) 35-Jährige sehr angenehm, weil ich eh viel am Handy lese, und es ist schön, mal offline am Küchentisch zu sitzen. Lydia Winter, per E-Mail

Thema Volksparteien, ver.di publik

Die Lage der ehemaligen Volksparteien, besonders auch der SPD, ist ernst: Sie verlieren seit Jahren die Zustimmung der Bürger bei Wahlen, die Zahl der Nichtwähler steigt und die Zahl der Mitglieder nimmt ab. Das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit der Politiker und der Parteien bricht weiter ein – wie auch in unseren Nachbarländern, wo frühere Volksparteien zum Teil keine wichtige Rolle mehr spielen. Rechte und rechtsextreme Parteien werden stärker, wie zuletzt in den Niederlanden. Die aktuellen Nachrichten im Januar über die Pläne der Rechtsextremisten in Deutschland lassen uns 2024 an 1924 erinnern. Was sollen, müssen und können wir tun? Weiter enttäuscht und frustriert zuschauen? Uns resigniert zurückziehen?

Die Parteien müssen auch vor Ort wieder anfangen, ein klares politisches Profil zu entwickeln und zu schärfen!

Sie müssen wieder in die Stadt- und Gemeindegesellschaft eintauchen, den Bürgern Verständnis und Nähe zu ihren Fragen und Problemen zeigen und ihnen Perspektiven aufzeigen! Besonders auch der stark wachsenden Zahl der Nichtwähler, die früher wahrscheinlich vor allem die ehemaligen Volksparteien gewählt haben. Der Kohlhammer-Verlag hat jetzt mein Buch "Und du bist noch bei der SPD?" veröffentlicht, in dem ich diese Themen aufgreife und versuche, sie mit meinen Erfahrungen als SPD-Mitglied (Eintritt: 1967) unten, an der Basis in der Mittelrheinregion, zu verdeutlichen und zu veranschaulichen. Als langjähriges ver.di-Mitglied habe ich das Buch gerne mit einem Zitat aus ver.di publik zur zunehmenden Demokratieskepsis begonnen. Rainer Gries, per E-Mail

Thema Grammatik, ver.di publik

Ich lese die ver.di publik immer gerne und sehr aufmerksam. Vielem stimme ich zu, aber eines möchte ich euch bitten zu ändern: Ihr verwendet allein in dieser Ausgabe zweimal das Wort "in" mit einer Jahreszahl, so in einem Artikel mit der Formulierung "starker Zuwachs in 2023. Das ist im englischsprachigen Raum durchaus gebräuchlich, aber bei uns bezeichnet das Wort "in" immer eine Richtung und einen Ortswechsel und wird nicht im Zusammenhang mit der Zeit benutzt. Besser wäre es z.B. zu schreiben "im Jahre 2023" oder einfach "2023". Wir schreiben ja auch "der Wein stammt aus dem Jahre 2012" und nicht "aus 2012".

Jürgen Senge, Schwelm