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Halva: Musafir

In einer Welt, in der immer mehr ­Mauern hochgezogen werden, um Menschen aufzuhalten, können Worte und Melodien weiterhin Grenzen überwinden. Musafir hat der Geiger und Komponist Nicolaas Cottenie das dritte Album seines Projekts Halva genannt: ein Wort, das wohl im Arabischen seine Wurzeln hat, und im Rumä­nischen, im Türkischen, im Griechischen, ja sogar in ­indischen Sprachen „Gast“, aber auch „Reisender“ oder „Fremder“ bedeutet. Halva, ein Ensemble aus Musiker*innen aus Israel, Deutschland, Großbritannien und Belgien, macht sich auf eine Ent­deckungsreise in die Musik Südosteuropas, um zu entdecken, dass es zwischen Rumänien und Griechenland mehr Verbindendes als Trennendes zu entdecken gibt. Tatsächlich ist es erstaunlich, wie unterschiedlich Halva mit ihrem traditionellen Instrumentarium klingen können: Musikalische Welten liegen zwischen einem Instrumental, das den hektischen Verkehr in Thessaloniki nachempfindet, und einem getragenen Trauermarsch wie Solitude. Aber gemeinsam sind allen epische Erzähl­bögen und – auch den schnelleren, tanzbaren Stücken – eine melancho­lische Grundstimmung, in der die Trauer über eine Welt mit immer mehr Mauern zu hören ist. Thomas Winkler

Zephyrus Records

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Nancy Vieira: Gente

Die kapverdische Inselgruppe vor der westafrikanischen Küste hat sich inzwischen mehr und mehr zu einer touristischen Alternative zu den Kanaren entwickelt. Fragt man die Cabo-Verdianer, ob sie sich eher als afrikanisch oder ­europäisch empfinden, erhält man zur Antwort, man fühle sich sowohl als auch. Als Cabo-Verdianos eben. 71 Prozent der Bevölkerung sind Mischlinge. Sie sprechen Crioulo, einen kreolisch-portugiesischen Dialekt, und verzaubern mit ihrer kapverdischen Musik. Erst in den 90er Jahren etablierte sich der kapverdische Sound auf der musikalischen Weltkarte – ein Verdienst der Sängerin Cesaria Évora. Ihr Erfolg hat die kapverdische Musikszene beflügelt. Zur inzwischen international präsenten Szene zählt auch die Sängerin Nancy Vieira. Ihr Setup mit Gitarren, Akkordeon, Cavaquinho, Bass, Klarinette und Violine ergibt den charmanten und abwechslungs­reichen Akustik-Sound. Mal melancholisch, dann wieder scheinbar sorglos heiter, tänzerisch und nie aufdringlich. Macht Lust auf mehr und auf eine Reise in Nancy Vieras Heimat. Peter Rixen

CD/Galileo

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Nichtseattle: Haus

Woran denken sie beim Wort „Beluga“? An den Kavier oder an die Linsen-Sorte? Bei Katharina Kollmann, der Berliner ­Liedermacherin, die als Nichtseattle veröffentlicht, sind es im gleichnamigen Song natürlich die Linsen, die gern in Bio-Qualität gekauft werden. Denn ihre Lieder berichten direkt aus dem Gefühlshaushalt einer Generation, die am aktuellen Zustand der Welt und der eigenen Einsamkeit verzweifelt, und die zwischen Quinoa essen und Yoga-Stunde Geschlechterverhältnisse, prekäre Lebensbedingungen und die eigene Wokeness hinterfragt. Beständig kreist die 1985 geborene Kollmann auf ihrem dritten Album Haus um das Verhältnis zwischen Privatem und Politischen, das in ihren Liedern aber besonders intim ist. Die Sichtung eines Kuchenkrümels im Gesicht des Gegenübers mündet direkt in eine Betrachtung über den Sinn des Lebens, eine Meditation übers Frausein führt zur Frage der „ungeheuren Mieten“. Die große Kunst Kollmanns besteht darin, diese Volten ganz selbstverständlich erscheinen zu lassen – auch weil ihre Stimme und ihr intuitives Gitarrenspiel sich zu zwar spartanisch instrumentierten, aber melodiös und harmonisch trotzdem üppigen Liedern zusammentun. Thomas Winkler

Staatsakt/Bertus