Ausgabe 03/2024
Die Schwerarbeiterin
"Ich selbst nenne mich Hafenarbeiterin, denn Fachkraft für Hafenlogistik hört sich nach Büro an. Doch meine Arbeit findet draußen statt, direkt am Hafen, wo ich regelmäßig eine der Containerbrücken fahre, um die riesigen Frachtschiffe zu beladen oder zu entladen. Eine der Brücken der Hamburger Hafen und Logistik (HHLA) am 'Container Terminal Tollerort', die ich für meine Firma, die Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft (GHB) fahre, gehört mit 52 Metern zu den höchsten im gesamten Hafen. Ich bewege hier regelmäßig Lasten bis zu sechzig Tonnen, wenn zwei Container verladen werden. Dazu kommt das Gewicht des Spreaders, auf dem die Container umgeladen werden. Das sind noch einmal 15 Tonnen. Aber ich wechsele gerne auch zu anderen anfallenden Arbeiten. Dazu gehört eine Tätigkeit beim sogenannten Laschen der Container. Laschen bedeutet, die Ladung zu befestigen. Ich stecke oder ziehe die ,Knacken', das ist der Verriegelungsmechanismus am Container. Das ist eine körperlich anstrengende Arbeit, während das Containerbrückenfahren viel geistige Konzentration erfordert. Genau diese Abwechslung gefällt mir.
Inzwischen arbeiten hier immer mehr Frauen
Ich wusste schon als Mädchen, dass ich diese Arbeit machen möchte. Mein Vorbild war mein Vater, der als Containerbrückenfahrer arbeitete. Auch die übrige Familie ist hier beschäftigt – meine Mutter als Hafenarbeiterin, mein Bruder in einer Werkstatt der HHLA. Ich habe meine Ausbildung zur Fachkraft für Hafenlogistik mit knapp 16 Jahren bei der 'NKG Kala Hamburg' begonnen. Damals war ich die erste weibliche Mitarbeiterin in dem Betrieb überhaupt. Entsprechend anstrengend ging es los, denn die männlichen Auszubildenden, aber auch die Kollegen mussten sich erst auf mich einstellen. Glücklicherweise hatte mein Vater mich gut auf solche Anlaufschwierigkeiten vorbereitet. Heute gibt es bei der GHB keine Probleme zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten. Inzwischen arbeiten hier auch immer mehr Frauen.
Die GHB ist mit ungefähr 1.000 Festangestellten der größte Personaldienstleister im Hamburger Hafen. Wir haben einen sehr engagierten Betriebsrat, der immer ansprechbar ist. Ich bin ver.di-Mitglied, seit ich vor fünf Jahren in dieser Firma angefangen habe. Die Arbeitsbedingungen sind in Ordnung, aber wir müssen auch etwas dafür tun. In der letzten Tarifrunde haben wir eine bessere Bezahlung mit Streiks durchgesetzt. Demnächst stehen wieder Tarifverhandlungen an. Ich arbeite sehr gerne und freiwillig in der Nachtschicht. Da kommt die Ankündigung für den Einsatz deutlich eher vor Arbeitsbeginn als bei den Tagesschichten und das ist entspannter für mich. Trotzdem ist das Arbeiten in der Nacht draußen am Hafen natürlich auch anstrengend, sodass ich mich in meiner Freizeit am liebsten auf der Couch erhole. Außerdem kümmere ich mich dann um meine französische Bulldogge."