Ausgabe 04/2024
Editorial
Von Petra Welzel |Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Ergebnisse der Europawahl haben ein kleines Beben in der politischen Landschaft in Deutschland ausgelöst. Die Parteien an den Rändern links und rechts und unter den Sonstigen haben mehr als ein Drittel der Stimmen auf sich vereinigen können. Die älteste Partei unter allen, die SPD, hat mit nicht einmal einem Fünftel der Stimmen ihr historisches Tief erreicht. Es ist schon viel über die Ampelregierung gesagt und geschrieben worden. Es werden Wetten darauf abgeschlossen, wie lange die Ampel noch laufen wird. Bisher zeigt sich, sie leuchtet weiter wie jede Ampel: mal grün, mal gelb, mal rot. Vielleicht liegt in diesem Bild seit Anbeginn das Problem: Ein Zusammen ist nicht vorgesehen in einer Ampelschaltung. Ob es SPD, FDP und die Grünen dennoch schaffen, einen gemeinsamen Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen, wird sich im Verlauf des Julis zeigen. ver.di fordert zusammen mit einigen Wohlfahrtsverbänden und Campact jedenfalls mehr soziale Sicherheit für alle, auch um die Demokratie im Land zu schützen (Bericht Seite 11).
Schutz fordern auch die Beschäftigten im Handel vor den neuerlichen Wünschen ihrer Arbeitgeber nach dem verkaufsoffenen Sonntag. Auch den neuen Eigentümern von Galeria fällt als Strategie offenbar nicht mehr ein, als die Beschäftigten nun auch noch sonntags arbeiten zu lassen und das für immer noch weniger Geld, als es die Tarifverträge im Einzelhandel vorsehen (Brennpunkt Seite 3)
Wer in diesem Sommer vorhat, an die Ostsee zu reisen, dem empfehle ich unsere Reportage (Seiten 6+7) über die Küstenfischer, denen der Hering ausgeht. Von einst 1.800 Fischern sind nur noch 180 übrig geblieben. Wer nach Thiessow kommen sollte, kann einige von ihnen in der Speakers Corner an der Fischhalle treffen. "Die Politiker scheren sich einen Dreck um uns", sagen die Fischer. Vielleicht sollte sich die Ampel dort noch einschalten, bevor ihre Lichter möglicherweise ganz ausgehen. Oder wir machen jetzt alle einfach mal Urlaub von allem. In diesem Sinne wünscht die Redaktion einen schönen und erholsamen Sommer.
Petra Welzel, Chefredakteurin der ver.di publik