Wer in Deutschland vor Gericht steht und der deutschen Sprache nicht aus­reichend mächtig ist, hat während des Verfahrens Anspruch auf eine Verdolmetschung. Um diese zu finden, können die Gerichte eine Datenbank nutzen, in der rund 25.000 vereidigte Dolmetscher*innen bundesweit erfasst sind. Eine von ihnen ist Catherine Stumpp. Die Hamburgerin ist vereidigte Dolmetscherin und Übersetzerin für Französisch.

Bestellt ein Gericht sie als Dolmetscherin, bekommt sie derzeit bis zu 85 Euro pro Stunde, plus Mehrwertsteuer. Die Kosten werden vom Gericht übernommen. Der Stundensatz wurde zuletzt 2021 angepasst. Schon damals standen im Referentenentwurf 95 Euro, die Interessenverbände hatten noch mehr gefordert. Jetzt soll das Justizkostenrecht erneut geändert werden. Die Stunden­sätze sollen auf 93 Euro steigen. Das berücksichtigt in keiner Weise die Auswirkungen der Inflation und die Preisssteigerungen der vergangenen Jahre.

Doch diese Summe ist kein Mindestanspruch. „Wichtig wäre daher, eine Grenze nach unten zu ziehen“, sagt ­Catherine Stumpp. Eine Bezahlung von 50 Prozent unter der im Gesetz festgelegten Summe sei „völlig normal“, weiß sie aus eigener Erfahrung. Ebenso der ­Einsatz nicht vereidigter Dolmetscher*innen oder Übersetzer*innen. Die Gerichte würden in Zeiten klammer Kassen auf jeden Cent schauen. Durch den Einsatz nicht vereidigter Kolleg*innen könnten letztendlich auch Verfahren platzen.

Hinzu kommen weitere Details, die die Arbeitsstunden der Dolmetscher*innen schmälern. Häufig werden die Pausen während der Verhandlungen bis hin zur Mittagspause oder Wartezeiten von den Justizkassen nicht angerechnet. Fahrtkosten vergüten sie mit Pauschalen. Was innerhalb einer Großstadt vielleicht ausreichen mag, mindere insbesondere in Flächenländern den ohnehin schon knappen Verdienst. Für Vorsorge für Alter oder Krankheit bleibe da nicht viel.

Auch sei es bei selteneren Sprachen oft nötig, dass zum Dolmetschen Fachleute aus größerer Entfernung anreisen. Zu den seltenen Sprachen zählen auch solche, die in der EU gesprochen werden. So gibt es für Finnisch 25 Ein­träge in der Datenbank, für Estnisch 13. Die Gerichte stehen damit in starker Konkurrenz etwa zur freien Wirtschaft. Dort werde besser bezahlt, sagt die Hamburgerin. Und bei der EU werden Dolmetscher*innen zum Teil fest angestellt und ansonsten auch besser bezahlt.

Justiz ist immer noch Ländersache

Hinzu kommt, dass das Justizkostenrecht strenggenommen nicht für die Polizei gilt. Auch hier ist es wichtig, dass qualifizierte ­Dolmetscher*innen etwa bei Verhören übersetzen. „Da sollte bei unserer Arbeit auch auf Qualität geachtet werden“, sagt Catherine Stumpp. Schließlich hängen daran Schicksale. Auch wenn das Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz, so der offizielle Name, vom Bund verabschiedet wird, sei Justiz ­immer noch Ländersache – sprich, die Länder bestätigten etwaige Änderungen im Bundesrat und sind für die Umsetzung verantwortlich. Daher handele sich es um eine komplexe Materie.

Sie ermuntert soloselbstständige Kolleg*innen, sich Unterstützung im Referat Selbstständige im jeweiligen ver.di-­Landesbezirk zu holen. Zudem gibt es im ver.di-Fachvorstand Justiz eine ­Gruppe der beeidigten/ermächtigten Sprachmittler*innen, der auch Catherine Stumpp angehört. Die Gruppe hat eine Stellungnahme an das Bundesjustiz­ministerium geschrieben. Darin fordert sie eine bessere Entlohnung und bessere Bedingungen. So soll etwa der Geltungsbereich auf sämtliche Behörden inklusive der Polizei ausgedehnt werden.

Ziel sei es, „allen Menschen den gleichberechtigten Zugang zur Justiz zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu ermöglichen“, heißt es in der Stellungnahme. Dies sei nur bei hinreichender fachlicher und persönlicher Qualifikation der Sprachmittler*innen möglich. Die könne nur über die allgemein beeidigten/ermächtigten Personen gesichert werden.

Übersetzer*innen brauchen für ihre ­Arbeit in der Justiz eine Ermächtigung. Sie sorgen dafür, dass notwendige Unter­lagen korrekt in die jeweilige Landessprache übersetzt zur Verfügung stehen. Bezahlt werden sie nach Zeile. Aber auch hier reichen die im Änderungsgesetz vorgesehenen ­Er­höhun­gen nach Meinung von ver.di nicht aus, zumal auch hier keine Untergrenze gezogen wurde. hla