Was können ver.di-Mitglieder tun, um in ihrem Betrieb aktiv zu werden? Wie gewinnt man weitere Mitglieder, um mehr durchzusetzen? Wir stellen verschiedene "Werkzeuge" vor, die in gewerkschaftlicher Arbeit und Auseinandersetzungen erfolgreich eingesetzt wurden. Dieses Mal erzählen Claudia Salvoch und Udo Stoye, Beschäftigte bei der Deutschen Lufthansa AG, von ihren Erfahrungen als Tarifbotschafter*innen.

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Claudia Salvoch und Udo StoyeFoto: privat

Ihr wart mit der Lufthansa-Tarifrunde super erfolgreich. War die Einführung der Tarifbotschafter*innen (TaBos) der Schlüssel zum Erfolg? Claudia: Ich glaube ja. Mit den Tarifbotschafter*innen ist es uns gelungen, raus aus der Einbahnstraße zu kommen und in zwei Richtungen zu koppeln. In unserer TaBo-Gruppe haben wir schnell und ungefiltert Informationen aus der Tarifkommission erhalten und diese dann an unsere Kolleg*innen weitergegeben. Deren Meinung und Stimmungsbild und auch konkrete Aufgabenstellungen, die wir bekamen, haben wir dann innerhalb kurzer Zeit an die Tarifkommission zurückgemeldet. Ich glaube, das hat uns so erfolgreich gemacht. Udo: Dadurch war auch alles viel transparenter und so haben die Leute Vertrauen gewonnen zu ver.di. Uns wurde explizit gesagt, wir sollen alle ansprechen. Also nicht nur diejenigen, die bei ver.di sind. Da gab es Skeptiker, aber das ist nach und nach immer mehr gebröckelt, weil sie gesehen haben, dass wir das ernst meinen und alle richtig mitnehmen.

Also Mitmach-Gewerkschaft als Erfolgsrezept? Claudia: Genau. Jeder wusste immer genau, wo wir uns gerade befinden. Was sind die Angebote seitens Lufthansa, wo stehen wir als Mitarbeitende und wo wollen wir hin. Die Leute hatten das Gefühl, sie sind live dabei. Das war ziemlich cool. Ich glaube, das war ein weiterer Schlüssel zum Erfolg.

Wie seid ihr auf die Beschäftigten zugegangen? Claudia: Ich komme vom Check-In, da wo du am Flughafen die Koffer aufgeben kannst. Wir sind zahlenmäßig eine sehr große Gruppe. Wir haben versucht, die Kolleg*innen im Pausenraum zu treffen und ins persönliche Gespräch zu gehen. Im Laufe der Zeit sind wir immer mehr dazu übergegangen, größere Ansprachen zu halten. Also wenn da 20 Kolleg*innen waren, haben wir alle zusammengerufen und gesagt, wir haben neue Informationen von der Tarifkommission, kommt doch mal zusammen, damit wir euch informieren können und gleich eure Meinung mitnehmen können. Wir haben dann per Handzeichen abgestimmt, also ganz klassisch: Wer ist für annehmen, wer ist für weiter streiken? Udo: Ich habe auch versucht, wo es ging, die Kollegen direkt anzusprechen. Aber wir Busfahrer treffen nicht so oft aufeinander. Also habe ich gefragt, ob ich sie in eine WhatsApp-Gruppe einladen kann, wo wir viel erklären und auch Fragen beantworten können. Das wurde fleißig angenommen. Da konnte jeder rein, egal ob ver.di-Mitglied oder nicht. Ich glaube, deswegen sind dann auch immer mehr eingetreten, weil sie gesehen haben, was die Gewerkschaft macht und dass sie für uns kämpft. Und der Abschluss hat es ja dann auch gezeigt.

Klingt super. Das heißt, ihr habt durch eure TaBo-Arbeit auch neue Mitglieder gewonnen? Claudia: Ja, sehr viele. Ich glaube, am Ende der Tarifrunde sind es 2.300 neue Mitglieder gewesen.

Wie bitte? 2.300? Claudia: Ja! Hammer, oder?

Total! Habt ihr Tipps an Menschen in anderen Betrieben? Claudia: Transparenz, Transparenz, Transparenz! Alle inkludieren. Immer die persönliche Ansprache wählen, wenn möglich. Und dann Vertrauen in den Prozess haben! Am Anfang ist es noch harte Arbeit, aber am Ende kommen die Mitarbeitenden und suchen nach den Tarifbotschafter*innen. Dann wird es eine Welle, die läuft. Udo: Es muss auch nach der Tarifrunde weitergehen! Wir haben einen tollen Tarifabschluss, die Kolleg*innen sind mega zufrieden. Aber Gewerkschaft ist jeden Tag! Es ist wichtig, dass es Menschen gibt, die weiterhin Ansprechpartner sind und auch Dinge in den Betrieb reintragen. So dass man sieht, die Gewerkschaft arbeitet weiter. Denn: Die nächsten Tarifrunden werden kommen.