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Münter & Kandinsky

Von ihrer ersten Begegnung an fühlen sich Gabriele Münter und ihr elf Jahre ­älterer Lehrer Wassily Kandinsky zueinander hingezogen. Aber dass sich der Russe Zeit damit lässt, sich aus seiner ersten Ehe zu befreien, überschattet ihre Liebe, die zu­sehends zer­störerische Züge annimmt. Zwar bringt das Paar im oberbayerischen Murnau nach dem Aufbau einer gemeinsamen Existenz die viel beachtete Künstlerbewegung „Der Blaue Reiter“ hervor. Aber damit beginnt für die Malerin ein Ringen um Selbstachtung, wie der Film scharfsichtig nachzeichnet. Zum endgültigen Bruch kommt es im Ersten Weltkrieg, als Wassily nach Moskau ­zurückkehrt und dort eine Jüngere heiratet. Für Gabriele bricht eine Welt zusammen und dennoch versteckt sie die vermeintlich „entarteten“ Werke des Ex-Geliebten vor den Nazis. Ein klarer Fall eines Patriarchen, der eine starke Frau neben sich nicht ertragen konnte? Mit solch simplen Rollenklischees gibt sich Regisseur Rosenmüller in seiner komplexen Erzählung nicht ab. So steht leider auch zu erfahren, dass sich seine selbstbewusste Heldin bei aller Sympathie mitunter als eine eitle Diva uncharmant über so manche Kollegin erhob.

Kirsten Liese

D 2024. R: MARCUS O. ROSENMÜLLER, D: VANESSA LOIBL, VLADIMIR BURLAKOV, FELIX KLARE U.A., 124 MIN., START: 24.10.24

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In Liebe Eure Hilde

Sie hörte Radio Moskau ab, klebte Flugblätter und funkte Infos in die Sowjetunion: Hilde Coppi (1909–1943), nahezu vergessen, war im Zweiten Weltkrieg eine Heldin wie Sophie Scholl, sah sich aber nicht als Widerstandskämpferin, auch war sie sich der Folgen ihrer Aktionen nicht bewusst. Andreas Dresen macht vielmehr mit einer eigenwilligen lebenshungrigen Frau bekannt, die sich bei ­aller Risikobereitschaft ihren Spaß gönnte, wenn sie Morsezeichen mit ­ihrem Mann beim Sex übte. Das Regime verurteilte sie dennoch zum Tode. Dank der ungewöhnlich zeitlosen Inszenierung ohne Hakenkreuze, Fahnen und krakeelende NS-Männer könnte sich die Jagd auf Andersdenkende auch in einer heutigen Diktatur zutragen. Am stärksten im Film berührt Coppis übermenschliche Tapferkeit: Noch im Moment, da sie im Gefängnis die Ablehnung ihres Gnadengesuchs empfängt, findet sie Trost für die Mutter, die vor ihr zusammenbricht. Dass nicht alle Deutschen damals kollektiv Unmenschen waren, schildert das packende Biopic über ambivalente Nebenfiguren, ohne die Grausamkeit des Unterdrückungs­apparats zu relativieren. Kirsten Liese

D 2024. R: ANDREAS DRESDEN, D: LIV LISA FRIES, JOHANNES HEGEMANN, LISA WAGNER U.A., 124 MIN., START: 17.10.24

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Die Pflegionärin

Hier schlummert eine Perle in der ARD-Mediathek, denn selten wurde das Thema Pflege so unterhaltsam, liebevoll und wahrhaftig erzählt, wie es in dieser Serie der Schöpferin Judith Bonesky gelungen ist. Wir erleben einen Tag im Leben von Caro Lacher aus Witzleben. Die mobile Hilfskraft spricht schönstes Thüringisch, hat eine dunkle Hautfarbe und braust mit ihrem stotternden Kleinwagen zu ihren Patienten nach Hause, immer am Blitzer des hübschen ­Polizisten in Gestalt von Tobias Schlegl vorbei. Pro Patient steht Caro ein Wartungsfenster von acht Minuten zur Verfügung, und so lange dauert auch eine Folge der fünfteiligen Serie. An den fünf Pflege-Patienten zeigt sich exemplarisch das Dilemma: Zu viel Patienten, zu wenig Zeit, zu wenig Geld, zu wenig Liebe. „Aber“, ruft Caro dem Zuschauer entgegen, „ich mache den Job ja nicht für mich!“ Jede Folge ist mit einer großartigen Schauspielerriege besetzt. Eines der vielen Highlights der Serie ist aber Iris Berben, die hier als Diva mit Alzheimer und Inkontinenz einen unvergesslichen Auftritt hinlegt.

Jenny Mansch

ARD MEDIATHEK. R: JUDITH BONESKY, D: BENITA SARAH BAILEY, IRIS BERBEN, THOMAS THIEME, CARMEN-MAJA ANTONI, RONALD ZEHRFELD