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Der lange Gang durch die Instanzen hat sich für die Kolleg*innen gelohntFoto: Rettig/dpa/picture alliance

Galeria wollte im Herbst 2019 tarifliche Eingruppierungen verändern. Betreffen sollte diese Änderung Kolleg*innen an den neu gestalteten Etagenkassen und auf neu eingerichteten Stellen im Waren­serviceteam. Doch der Betriebsrat der Filiale Stuttgart Königstraße hatte den Änderungen nicht zugestimmt. Es wurde ein langer Gang durch die Instanzen – der sich jetzt für die Kolleg*innen gelohnt hat.

„Obwohl der Betriebsrat in 1. Instanz und in 2. Instanz keinen Erfolg hatte und viele Zweifel bestanden, haben wir nicht aufgegeben. Erst in 3. Instanz haben wir Erfolg gehabt. Das Bundesarbeitsgericht hat uns Recht gegeben“, freut sich die Betriebsratsvorsitzende Dorit Schnuchel. Die Kolleg*innen an den in einzelnen ­Etagen des Warenhauses zusammengefassten Etagenkassen sind nach dem Tarif­vertrag des Einzelhandels für Baden-Württemberg in Beschäftigungsgruppe III und nicht nur in Beschäftigungsgruppe II einzugruppieren. Die Frage der Eingruppierung der Kolleg*innen des Waren­serviceteams hat das Bundesarbeitsgericht an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit dem deutlichen Hinweis zurückverwiesen, dass nochmals zu prüfen ist, ob nicht Lohnstufe 4 statt Lohnstufe 3 des Tarifvertrags des Einzelhandels für Baden-Württemberg als zutreffend anzusehen ist.

Neugliederung im Verkaufsraum

Hintergrund der Auseinandersetzung war die im Jahr 2019 von Galeria getroffene Entscheidung, die Aufgaben „auf der Fläche“, also im Verkaufsbereich des Warenhauses neu zu gliedern. So sollten Lohnkosten gespart werden. Die Aufgaben, die die Verkäufer*innen bis dahin zu erledigen hatten, wurden in drei eigen­ständige Aufgabenbereiche aufgespalten: Verkauf, Kassentätigkeit (Kassenserviceteam – KST) oder Warenservice (Warenserviceteam – WST). Die Kolle­g*innen im Warenserviceteam bekamen nach diesem Konzept im Wesentlichen die Aufgabe, die Verkaufsprodukte nach Anlieferung in den Verkaufsbereich zu schaffen, zu präsentieren und wieder abzuräumen. Zudem sollten sie den Verkaufsbereich sowie die Ware in Ordnung halten. Durch die Neukonzeption, so die Behauptung von Galeria, sollten sich die Verkäufer*innen auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren können und von anderen Aufgaben, wie von Kassier­tätigkeiten und von organisatorischen Tätigkeiten, befreit sein.

Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist ein seit Jahren bestehender Streit um die Eingruppierung von Kolleg*innen an Etagenkassen nach dem Tarifvertrag für den Einzelhandel Baden-Württemberg bereinigt. Bisher haben sich Arbeitgeber in Warenhäusern darauf berufen, dass Kolleg*innen, die an Etagenkassen arbeiten, nach Beschäftigungsgruppe II zu bezahlen wären. Unter Berufung auf vorangegangene Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts wurde bisher eine höhere Eingruppierung mit dem Argument abgelehnt, dass die Eingruppierung in Beschäftigungsgruppe III nur dann infrage komme, wenn neben Etagenkassen zusätzlich „einfache“ Kassen, also Kassen für einzelne Warengruppen, eingerichtet sind. Das Bundesarbeitsgericht hat nun klargestellt, dass die Tätigkeit an Etagenkassen auch dann in die tarifliche Beschäftigungsgruppe III eingruppiert werden muss, wenn ansonsten keine „ein­fachen“ Kassen im Warenhaus oder auf einer Etage eingerichtet sind, soweit an den Etagenkassen zumindest zusätzliche Kassenaufgaben zu erledigen sind.

Rechtsanwalt Ewald Bartl, der den Betriebsrat vertritt, ist zuversichtlich: „Der Betriebsrat kann mit guten Gründen damit rechnen, dass auch für die Kolleg*innen des Warenserviceteams am Ende des nun folgenden Gerichtsverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht die Lohnstufe 4 erreicht werden kann.“ Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass in den vorangegangenen Instanzen nicht ausreichend untersucht wurde, inwieweit es sich bei diesen Tätigkeiten um „schwere Arbeiten“ im Sinne des Tarifvertrags handelt. Da das Bundesarbeitsgericht bei anderen Warenhäusern diese Frage bejaht hatte, können der Betriebsrat und die betroffenen Kolleg*innen optimistisch sein.

Die Kolleg*innen haben sich beim Betriebsrat dafür bedankt, dass er die Aufgabe für sie übernommen hat, durch alle Instanzen für ihre richtige Eingruppierung zu streiten und sie diese gerichtlichen Auseinandersetzungen nicht persönlich führen mussten.