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Auf seiner monatlichen Suche nach ­einem skurrilen Thema freut sich der ­Verfasser dieser Kolumne, auf folgende Schlagzeile zu stoßen: „,Wir mussten nackt bis zur Straße‘ – Ordnungsamt nimmt Kleidung von Schwimmern am Berliner Plötzensee mit!“ Einmal aus dem See gestiegen, entdeckten zwei FKK-Schwimmer, dass ihre Kleidung, Geldbeutel und Schlüssel verschwunden waren. Nach einer Panikattacke mussten sie nackt hoch zur Straße laufen, wo sie auf Beamten des Ordnungsamtes trafen, die ihre Sachen tatsächlich mitgenommen hatten. Erst nach wiederholten ­Aufforderungen und Einmischung unbeteiligter Passanten willigten die Ordnungshüter ein, die Beschlagnahme zu beenden. Da kommen dem Kolumnenschreiber sofort Gedanken in den Sinn wie: Wieder ein Beweis für die neoreaktionäre Welle, die Deutschland und die Welt überschwemmt! Jetzt darf man nicht einmal freibaden, ohne Opfer von Repression zu werden! Ehe er auf die Tastatur greift, prüft er, mit welchen ­Argumenten das zuständige Amt die straffe Maßnahme begründet: An das unbefestigte Ufer seien die Nacktschwimmer durch eine Zaunlücke gelangt. In diesem Teil des Plötzensees gibt es nämlich Badeverbot aus Naturschutzgründen. Dauernd und zunehmend verzweifelt versucht das Bezirksamt, den vielen Besuchern der inoffiziellen FKK-Badestelle klarzumachen, dass sie neue Pflanzen zertrampeln, den Boden verdichten und den Schilfgürtel, Rückzugsort und Brutstätte mehrerer Tierarten, fast vollständig vernichtet haben. Kurzum: Das Ökosystem droht umzukippen. Naturismus gegen Naturschutz also. Und plötzlich driftet diese Kolumne ins Philosophische. So hinterhältig der Kleider­entzug durch Ordnungsämter auch ist, wie ist denn das Verhalten von Menschen zu bewerten, die sich ihrem freien Körper zuliebe um Pflanzen, Tiere und Gewässer nicht die Bohne scheren? Offenbar hat das mehr mit Eigenliebe als mit Naturverbundenheit zu tun. Solange die Freiheit auf diese Weise praktiziert wird, sind autoritäre Einschränkungen unvermeidlich. „Vielleicht sollt ich an dieser Stelle etwas über die wünschenswerte Kultivierung von Empathie gegenüber Umwelt wie Mitmenschen schreiben?“ fragt sich der Kolumnenschreiber. Aber nein, lieber Schluss machen. Diese Glosse darf doch nicht zu einer erbau­lichen Predigt verkommen. Guillaume Paoli