Ausgabe 08/2024
Arbeiten, wenn andere feiern
„Weihnachten ist das Fest der Familie“ – so oder in abgewandelten Formen wird die schönste Zeit des Jahres umschrieben. Aber trifft das tatsächlich für alle zu? Sind die Tage rund um den Heiligen Abend bis hin zum Jahreswechsel ein familiäres Fest, an dem alle teilhaben können? Die klare Antwort lautet: Nein!
Für viele Berufsgruppen sind die Festtage Arbeitstage. „Das war doch bei der Berufswahl bekannt. Es ist nun mal so, dass Dienstleistungen auch dann erbracht werden müssen, wenn andere zu Hause sind“, ist ein flotter Spruch, der so manchem leicht über die Lippen geht. In ver.di ist eine Vielzahl von Branchen vereint, in denen Dienstleistungen erbracht werden. Das haben die Gründungsväter und -mütter offensichtlich bei der Namensgebung im Auge gehabt. Versorgungsketten müssen aufrechterhalten, der Müll muss entsorgt werden, Krankheiten nehmen auf Feiertage keine Rücksicht. Licht und Wärme sind ebenso unentbehrlich wie ein funktionierender Nah- und Fernverkehr. Und wenn die Weihnachtsüberraschungen pünktlich zugestellt werden, freuen sich auch alle. Und das alles ist zur Selbstverständlichkeit geworden.
Natürlich sind die Anforderungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen, im Handel, bei der Post und im Sicherheitsgewerbe, im Nah- und Fernverkehr, in der Pflege und beim Rettungsdienst, am Flughafen und in den Rundfunk- und Fernsehstudios vielschichtig und nicht miteinander vergleichbar. Was sie eint, ist die Einsicht in die Notwendigkeit. „Wenn die Familie mitzieht, muss man dankbar sein“, sagt Ralf Büttner, Kraftfahrer bei Netto. „Als Kraftfahrer ist man Einzelkämpfer, Wertschätzung durch den Arbeitgeber haben wir in den vielen Jahren kaum wahrgenommen.“ Dass diese Einschätzung keine Seltenheit ist, kennen alle, deren Angehörige an Sonn- und Feiertagen ihren Job machen.