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Foto: dpa

Katharina Sieverding: Retrospektive

1941 in Prag geboren, zählt Katharina Sieverding heute zu den international bekanntesten deutschen Künstlerinnen. 60 Jahre umfasst ihr Werk aus groß­formatigen Fotografien, Performances, Videos und Plakataktionen inzwischen. Auch wenn viele dieser Arbeiten immer wieder um sie selbst kreisen, nimmt Sieverding stets politische Verhältnisse in den Blick. Damit ist sie ganz die Schülerin von Joseph Beuys, die sie gewesen ist, und betont die gesellschaftliche Verantwortung, die sie als Künstlerin hat. Ihre leuchtend rote Arbeit „Schlachtfeld Deutschland“ von 1978 thematisiert beispielsweise die Bekämpfung der RAF-Terrorist*innen, 1992 mahnt sie bereits in einem anderen großformatigen, schwarz-weißen Werk mit dem Titel „Deutschland wird deutscher“ das wiederaufkommende nationale Denken nach der Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland an. Über 30 Jahre später bestätigen der Hass auf alles, was anders und nicht deutsch ist, und der zunehmende Rechtsextremismus Sieverdings Sicht noch immer. Sie, die einst mit einem Medizinstudium begann, seziert bis heute das Geschehen um sich herum und legt immer wieder ihre Finger in die Wunden. Petra Welzel

K21, Ständehausstr. 1, Düsseldorf, DI–SO 11–18 Uhr, bis 23. März 2025

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Foto: Fred Dott

Pınar Öğrenci/Nuri Musluoğlu: Protestbilder

Die Ausstellung ist schnell durchschritten, Zeit sollte man sich dennoch mitbringen. Die Künstlerin Pınar Öğrenci beschäftigt sich dort mit den Amateur­bildern und -videos von ­Nuri Musluoğlu, der 1965 nach Deutschland gekommen ist und in der Arbeiter*innenbewegung der Bundesrepublik der 70er und 80er Jahre seine Heimat fand. Dass er nicht nur aktiver Teil der Bewegung, sondern auch einer ihrer Dokumentaristen wurde, ist ein Geschenk. Und für die Künstlerin Öğrenci aus heutiger Perspektive eine Steilvorlage. In ihrer Videoinstellation, in der sie Musluoğlus Werk verarbeitet, transportiert sie die Konflikte in die Gegenwart, in der es heute kaum besser aussieht als damals. Die Kleidung, die Autos, die Frisuren mögen anders sein, die Probleme scheinen die immer selben: Rassismus, Übergriffe auf Migranten, Ausgrenzung. An der Hörstation in der Ausstellung ist Musluoğlu selbst zu hören. „Die Fotografie hat mich politisch gemacht“, sagt er. Und alle, die politisch waren, seien in der Gewerkschaft gewesen. „Und da bin ich auch gewerkschaftlich aktiv geworden.“ Auch das bleibt am Ende hängen: Ohne die vielen Migrant*innen fehlte den Gewerkschaften eine wichtige Kraft und Stimme. Petra Welzel

Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorpl. 1, Hamburg, DI–SO 10–18, DO 10–21 Uhr, bis 27. April 2025

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Foto: Roman März

Mariechen Danz: „edge out“

Archäologisch und futuristisch zugleich mutet das Werk der 1980 in Dublin geborenen Künstlerin an, der die Berlinische Galerie derzeit ihre gesamte Eingangshalle zur Verfügung stellt. Mal hat man das Gefühl, in einer Höhle aus Backsteinen zu sein, in der fast jeder ­Ziegelstein auf ein altes Fossil oder ­einen Fußabdruck verweist. Dann folgt der Blick Fußsohlen aus Ton an der Wand bis weit zur Decke hinauf. An den anderen Wänden sind moderne, metallene Schablonen mit verschiedenen Loch- und Linienmustern befestigt, manche davon in Form eines mensch­lichen Körpers ohne Kopf. Immer ­wieder fällt der Blick zudem auf lebensechte Nachahmungen von mensch­lichen Organen, die willkürlich herumzuhängen scheinen und immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Aus einer der Schablonen schält sich ­eine Ohrmuschel. Und alle paar Sekunden laufen Videos auf fast unsichtbaren Folien. Das ­alles kommt ­einer Versuchsanordnung in einem riesigen Labor gleich, in der die Besucherin versucht herauszufinden, wie all das miteinander wohl zusammenhängen mag. Spannend und faszinierend zugleich. Petra Welzel

Berlinische Galerie, Alte Jacobstr. 124–128, MI–MO 10–18 Uhr, bis 31. März 2025