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Sch..., schon wieder abgesoffenFoto: Renate Kossmann

Der Bildschirm vor mir zeigt eine unbelebte Straße. Ich sitze angeschnallt in einem Fahrsimulator, die Hände am Lenkrad. Weil ich seit Jahren kein Auto mehr gesteuert habe und mit einer gewissen Fahrangst kämpfe, wollte ich den Simulator ohnehin einmal ausprobieren. Die Recherche für diesen Artikel kommt also gerade recht. Die Pedale fühlen sich ungewohnt an, und als ich die Kupplung zu schnell loslasse, vibriert mein Sitz leicht, und das virtuelle Auto säuft ab. „Upps, da kommen Erinnerungen hoch“, sage ich.

Der Simulator soll Fahrschüler*innen die grundlegenden motorischen Fähigkeiten beibringen oder wie in meinem Fall auffrischen. Er soll aber auch helfen, den derzeitigen Engpass an Fahrlehrern zu entschärfen. Denn ein Fahrlehrermangel in Deutschland ist spürbar. „Manchmal bleibt eine ausgeschriebene Fahrlehrerstelle über 300 Tage unbesetzt“, erklärt mir Fahrlehrer Ayhan Kaya, der mich in die Berliner Fahrschule ABC-Citydrive eingeladen hat. Seit über 25 Jahren ist er in der Branche und hat die Veränderungen miterlebt – von Zeiten, in denen Fahrschulen fast leer standen, bis zur aktuellen Situation, in der viele Fahrschulen dringend Personal suchen. „Qualifiziertes Personal ist schwer zu finden, und wir können es uns nicht leisten, an der Qualität zu sparen“, sagt er.

Während ich das virtuelle Auto zum dritten Mal an der Kreuzung zum Stehen bringe, denke ich darüber nach, was er mir erzählt hat. Der Simulator soll den Einstieg erleichtern und den Fahrunterricht entlasten. Doch kann er den Mangel an Fahrlehrern kompensieren? Ein erster Fahrkontakt ohne echten Fahrlehrer erscheint seltsam unpersönlich, in Frankreich ist die Nutzung von Simulatoren hingegen gesetzlich vorgeschrieben, bevor Fahrschüler*innen das erste Mal im echten Straßenverkehr üben.

Der Nachwuchs fehlt

Die technische Ausstattung ist beeindruckend. Der Simulator, so erklärt mir mein Fahrlehrer, ist weit besser als die Modelle früherer Jahre. „Die Technik ist heute so gut, dass du das Gefühl hast, wirklich auf der Straße zu fahren. Die ­Pedale geben Widerstand, das Lenkrad reagiert und selbst ein Abwürgen des Motors wird simuliert.“ Für Fahrschüler*innen, die mit der grundlegenden Bedienung eines Autos kämpfen, ist das eine sinnvolle Vorbereitung, bevor sie sich dem echten Verkehr stellen. „Wenn ich die räumlichen Möglichkeiten hätte, würde ich sofort noch einen Simulator anschaffen“, sagt Kaya mit Blick auf die Zukunft und den Fahrlehrermangel.

Die Ausbildung zum Fahrlehrer ist anspruchsvoll, und die Prüfungsbehörde in Berlin hat Schwierigkeiten, ausreichend Prüfungen anzubieten, um neuen Nachwuchs auf den Markt zu bringen. Zudem gehen viele der erfahrenen Prüfer in den Ruhestand, was den Engpass weiter verstärkt. Zwar wurden erste Schritte unternommen, um pensionierte Fahrlehrer als Prüfer einzusetzen, doch diese Maßnahme reicht bislang kaum aus, um den Status quo zu verbessern.

Zurück im Simulator finde ich allmählich ein besseres Gefühl für die Pedale. Der Fahrlehrer spricht von einer „psychomotorischen Grundausbildung“, die der Simulator ideal für Anfänger leisten kann. „Erst wenn die Hand-Auge-Koordination und die Bedienung stimmen, macht das Fahren im echten Verkehr Sinn“, erklärt er. Die Phase im Simulator könnte für Fahrschulen eine Chance sein, erstmal eine Einschätzung der Fähigkeiten der Fahrschüler*innen zu bekommen und grundlegende Defizite anzugehen, bevor sie im echten Fahrzeug mit einem Fahrlehrer ihre Übungsstunden absolvieren.

Aber der Simulator ist auch keine Wunderwaffe. Er ersetzt keine Fahrstunden mit einem menschlichen Fahrlehrer, der nicht nur technische Fähigkeiten vermittelt, sondern auch die nötige Ruhe und Geduld mitbringt. Es ist diese menschliche Komponente, die die Ausbildung teuer und gleichzeitig unverzichtbar macht. „Du kannst nicht einfach jemanden einstellen, der technisch fit ist. Ein guter Fahrlehrer braucht auch pädagogisches Feingefühl“, sagt Kaya. Tatsächlich klagen viele Fahrschulen darüber, dass es zwar Interessenten gibt, doch es oft an der notwendigen Qualifikation und Sozialkompetenz fehle.

Im Fahrlehrerwesen braucht es deshalb dringend Reformen. Neben mehr Prüf­kapazitäten und Anreizen für Berufseinsteiger wäre ein wichtiger Schritt, den Beruf als offiziellen Ausbildungsberuf anzuerkennen. Nur so kann der Nachwuchs gestärkt und die Fahrausbildung auf hohem Niveau gehalten werden.

Der Simulator stoppt abrupt, meine Übungsstunde ist beendet. Ich steige aus und werfe einen letzten Blick auf das Gerät. Mein Fazit: Er kann Fahranfänger*innen auf die Straße vorbereiten und die Ausbildung effizienter gestalten, aber ­ohne erfahrene Fahrlehrer, die das Gelernte vertiefen, bleibt die Fahrschule ­unvollständig.