Ein Supermarkt in der Nähe meines Hauses hat in den letzten Jahren ständig nach einem Lader und Kassierer gesucht. In derselben Zeit hat eine andere Filiale der gleichen Kette Selbstbedienungskassen installiert. Angesichts der Probleme, mit denen die Ukraine auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert ist, kann Technik zumindest teilweise dazu beitragen, sie zu lösen. Eine solche Lösung sind Roboter. Und so seltsam es klingen mag, der Krieg hat diese Prozesse in vollem Umfang beschleunigt.

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Olha VorozhbytFoto: privat

Kürzlich stieß ich in einem Artikel über die Robotisierung der Industrie auf den anonymen Kommentar eines Vertreters der Möbelindustrie, der aufgrund des Krieges beschloss, in einen Packroboter zu investieren. Diese Anlage wird acht ­Arbeiter ersetzen, sich aber frühestens in 20 Jahren amortisieren. Der Geschäftsmann hat sich in Anbetracht des Arbeitskräftemangels zu diesem Schritt entschlossen. Hätte man ihn vor der Invasion vor diese Entscheidung gestellt, hätte er es sich wahrscheinlich zweimal überlegt. Einer der Gründe dafür sind die niedrigen Löhne für solche Berufe. Es war für Unternehmer rentabler, den Arbeitern einen Niedriglohn zu zahlen, als sofort eine große Summe in eine technische Lösung zu investieren. Heute, angesichts des ­katastrophalen Arbeitskräftemangels, ist die Situation völlig anders.

Eine Frage des Überlebens

Einige Unternehmen haben sich dennoch schon lange dem Trend widersetzt. Das ukrainische Logistikunternehmen „Nova Poschta“ eröffnete 2019 in Dnipro ein Terminal mit einem vollständig robotergestützten Frachtbereich. „Nova Poschta“ setzt verschiedene Arten von Robotern in unterschiedlichen Arbeits- bereichen ein. Heute gehört das Unternehmen zu den führenden Unternehmen bei der Robotisierung von Produktionsprozessen in der Ukraine. Es kooperiert mit ukrainischen Start-ups, die entsprechende technologische Lösungen anbieten, und verfügt über eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Ein solches Startup, das sich derzeit erfolgreich entwickelt, ist „Deus Robotics“. Seit November 2023 hat sich die Nachfrage nach seinen ­Produkten verdoppelt.

Der Wettbewerb war eine der Trieb­federn für die Robotisierung des Betriebs von „Nova Poschta“. Nach der groß an-gelegten Invasion durch Russland geht

es aber nicht mehr um Wettbewerb, sondern ums Überleben. Dank ihrer Erfahrung in diesem Bereich unterstützen die großen Unternehmen auch die Arbeit der staatlichen Dienste. Im Herbst 2022 begann „Nova Poschta“ gemeinsam mit dem staatlichen Dienst für Notfallsituationen mit der Entwicklung von Robotern, die Minen entfernen.

Heute wird in der Ukraine auch viel darüber gesprochen, wie man die Erfahrungen von Partnern, die ebenfalls auf ­Roboter umsteigen, nutzen kann. Insbesondere steht dieses Thema auf der Tagesordnung ukrainischer Delegationen, wenn sie Japan oder Korea besuchen, die auf diesem Gebiet führend sind. Gleichzeitig hilft auch Deutschland in diesem Bereich. So stärkt die GIZ, die Gesellschaft für internationale Zusammen­arbeit, in der Ukraine unter anderem die Arbeit des staatlichen Notfalldienstes. Dank der deutschen Regierung haben ukrainische Feuerwehrleute mehrere Löschroboter erhalten und werden im Umgang mit ihnen geschult. In einer Zeit, in der die ukrainischen Rettungskräfte unter den russischen Angriffen leiden, wenn sie versuchen, diejenigen zu retten, die bereits von russischen Raketen verletzt wurden, sind solche technischen Lösungen wirklich lebenswichtig.

Trotz aller Bemühungen sind Roboter auf dem ukrainischen Arbeitsmarkt oder in lebens- und gesundheitsgefährdenden Berufen noch kein bedeutender Ersatz für die Menschen, die diese Berufe ausüben. Aber es ist definitiv ein Schritt in die Zukunft.