Das Jahr 2024 endete mit einer besonderen Anerkennung: Die Mitarbeitervertretung (MAV) der Barmherzigen Brüder Behindertenhilfe gGmbH am Standort Reichenbach in der Oberpfalz wurde mit dem Bayerischen Mitbestimmungspreis 2024 ausgezeichnet. Diese Ehrung, verliehen vom DGB Bayern, fand am 4. Dezember in der Bayerischen Staatskanzlei statt – im Beisein des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, CSU, der in seiner Laudatio betonte: "Die betriebliche Mitbestimmung ist ein Erfolgsmodell, das sich gerade auch in Krisenzeiten bewährt."

Engagement trotz Hürden

Die MAV beeindruckte mit ihrem Engagement für eine Konfliktlösungsstelle, Arbeitszeitkonten und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – ein beachtlicher Erfolg angesichts der Herausforderungen des kirchlichen Arbeitsrechts. Mit Kreativität und Beharrlichkeit hat die MAV Reichenbach die Interessen der über 1.000 Mitarbeitenden vertreten. Ludwig Strahl, der erste Vorsitzende der MAV, betonte in seiner Dankesrede: "Diese Auszeichnung ist nicht nur Anerkennung, sondern auch Auftrag, uns weiterhin für diejenigen einzusetzen, die oft im Schatten stehen." Gleichzeitig erinnerte er an den verstorbenen früheren Vorsitzenden Tobias Strahl, dessen Einsatz entscheidend zum Erfolg der MAV beigetragen hat.

Auch ver.di Bayern lobte die Arbeit der Mitarbeitervertretung der Barmherzigen Brüder Behindertenhilfe in der Oberpfalz. Landesbezirksleiterin Luise Klemens unterstrich: "Die Mitarbeitervertretung der Barmherzigen Brüder Reichenbach zeigt eindrucksvoll, wie mit Kreativität und Engagement die Interessen der Beschäftigten vertreten werden können. Sie beweist, dass auch in kirchlichen Einrichtungen eine starke und moderne Interessenvertretung möglich ist, obgleich es deutliche gesetzliche Änderungen braucht, um auch im kirchlichen Bereich echte Mitbestimmung zu ermöglichen."

Mitbestimmung als Grundlage einer sozialen Arbeitswelt

Der Bayerische Mitbestimmungspreis rückt herausragende Beispiele in den Mittelpunkt, die zeigen, dass Mitbestimmung selbst unter schwierigen Bedingungen möglich ist.

"Die Mitbestimmung ist unverzichtbar für die Demokratisierung der Wirtschaft. Gerade in unruhigen Zeiten brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Mitbestimmung", betonte Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, in seiner Rede. Die MAV Reichenbach illustriere dies eindrucksvoll.

Besonders das kirchliche Arbeitsrecht – der sogenannte "Dritte Weg" – bleibt dabei ein kontroverses Thema. Dieses Modell, das auf kirchenspezifischer Sozialpartnerschaft basiert, schließt Streiks oder andere gewerkschaftliche Druckmittel aus. ver.di kritisiert dieses System, da es die Rechte der Beschäftigten oft stark einschränkt, und macht sich für umfassende Reformen stark. "Der Freistaat Bayern könnte hier eine vorbildliche Rolle einnehmen", forderte Klemens vom Ministerpräsidenten.

Ein Blick nach vorn

Der Bayerische Mitbestimmungspreis zeichnet nicht nur Leistung aus, sondern inspiriert auch. Nachdem im vergangenen Jahr der Betriebsrat der AGCO GmbH, Marktoberdorf, geehrt wurde, steht 2024 die MAV Reichenbach als Vorbild für Solidarität und Beharrlichkeit im Fokus.

Dieses Beispiel motiviert, zeigt es doch, dass starke Interessenvertretungen das Rückgrat einer demokratischen und sozialen Arbeitswelt bilden. Gerade für Gewerkschaftsmitglieder sollte dies Ansporn sein, sich weiterhin für mehr Mitbestimmung einzusetzen – in allen Branchen, auch unter schwierigen Bedingungen. Gemeinsam können sie eine gerechtere Arbeitswelt gestalten.

Nils Schmidbauer