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Lucas Munzke, Moritz Winkler, Tom Bischoff, Fabian Musche (v.l.n.r.)Foto: ver.di

Wer sich für einen Kinobesuch entscheidet, möchte ein Rundum-sorglos-Paket haben: zügiger Kartenkauf, frisches Popcorn und das passende Getränk – alles sollte ineinandergreifen. Wenn im Dresdener Rundkino keine unvorhersehbaren Ereignisse den Ablauf stören, funktioniert das auch. Weil ein Team von über 20 Studierenden mit Engagement und guter Laune im Hintergrund und im sichtbaren Bereich wirbelt.

Dass es hinter den Kulissen seit geraumer Zeit rumort, merken die Besucher nicht. Willkürliche Dienstplangestaltung, Verstöße gegen die Einhaltung der Ruhe­zeiten und eine unzureichende Kommunikation zwischen der Theaterleitung und den Beschäftigten sorgen für Frust. Bei einem Meeting mit der Theaterleitung im August vergangenen Jahres waren die Probleme benannt worden. Was aus Sicht der Beschäftigten als konstruktive Kritik verstanden werden sollte, kam bei den Vorgesetzten offensichtlich anders an.

„Rückblickend kann ich einen konkreten Auslöser für die Eskalation nicht mehr benennen“, erinnert sich Isabella an den Verlauf des Meetings. „Es waren offensichtlich zu viele Unzulänglichkeiten, die uns zu einem Schreiben an die Theaterleitung veranlassten.“ Die 24-Jährige ist Studentin an der TU Dresden und jobbt seit zwei Jahren im Cineplex. Einlass, Saalreinigung, Verkauf, Filmcheck und Toilettenreinigung– Isabella hat so ziemlich alles gemacht.

Aber das ist Vergangenheit. Isabellas Vertrag wurde trotz vorheriger mündlicher Zusage nicht verlängert. Die Gründe liegen auf der Hand: Isabella gehörte zu denen, die etwas verändern wollten. Mit Gleichgesinnten stellte sie den Kontakt zum „Kinoexperten“ bei ver.di her. Für Lucas Munzke, der bei ver.di mit den Problemen an den mitteldeutschen Lichtspieltheatern bestens vertraut ist, begann das, was man landläufig „unser Geschäft“ nennt. Intensive Gespräche, Aufklärungsarbeit, beruhigendes Einwirken mit dem Ziel, die Einleitung einer ­Betriebsratswahl vorzubereiten.

Bundesweit die Ersten

Zu den Initiatoren gehörte auch Max, 21-jähriger Student auf dem Weg zum Bachelor. Sein Beschäftigungsverhältnis endete planmäßig zum Ende des vergangenen Jahres. Mit etwas Abstand blickt er mit gemischten Gefühlen auf die Zeit im Kino zurück. „Der Stundenlohn von 13 Euro, Zuschlagsregelungen, gesicherte Einsatzzeiten und Prämienzahlungen, wenngleich nach dem Nasenprinzip, ­waren eine willkommene Aufbesserung des monatlichen Salärs. Die wachsende Unzufriedenheit im Team war mehr und mehr demotivierend und konnte so nicht weitergehen.“

Als die Theaterleitung den Aushang zur Einleitung der Betriebsratswahl zugestellt bekam – bundesweit die erste –, war die nächste Eskalationsstufe erreicht. Um seine Mitarbeit im Wahlvorstand zu beenden und so die Wahl zu torpedieren, bekam Max das Angebot, seinen Arbeitsvertrag bei Fortzahlung der Bezüge vorzeitig zu beenden. Er lehnte ab. Die Ankündigungsfrist von Abrufschichten, vergleichbar mit Bereitschaftszeiten, wurde daraufhin entgegen der vorgeschriebenen vier Tage auf ein bis zwei Tage verkürzt. „Das hat zwar genervt, konnte mich aber nicht davon abhalten, im Wahlvorstand weiter aktiv zu sein.“

Mit der Bekanntgabe des Wahler­gebnisses im Dezember 2024 begann für den Betriebsrat aus Moritz, Tom und Fabian die eigentliche Arbeit: Schu­lungen, Besprechungen, Arbeitgeber­gespräche, Büroeinrichtung und vieles andere, was bisher nicht auf der Agenda stand. Fabian hat sich nach anfänglichen Bauchschmerzen an die neue Verantwortung gewöhnt: „Mit der Theaterleitung können wir nun auf einer anderen Grundlage agieren.“

Persönlich mache sich das aber nicht bezahlt. „Der Umgang ist distanziert, das Klima abgekühlt und ein im Raum stehendes Angebot zur Einarbeitung als Schichtleiter ist geplatzt.“ Auch die Zuweisung der Arbeitsstunden sei zurückgegangen, was sich natürlich finanziell auswirkt. „Das ist die Kehrseite der Medaille. Dabei wollen wir bei allen Differenzen einen Konsens finden. Wenn es den Beschäftigten gut geht, geht es auch dem Unternehmen gut“, so Fabian

Die Entscheidungen in einem noch anhängigen Verfahren gegen die Theaterleitung wegen des Vorwurfes der Behinderung einer Betriebsratsgründung und ein individualrechtliches Verfahren waren bei Redaktionsschluss noch offen.