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Demonstration am 25. Januar in BerlinFoto: Christian Jungeblodt

Liebe Kolleg*innen, liebes ver.di-Mitglied,

am 23. Februar kommt es auf Dich an. Bitte beteilige Dich an der Wahl zum Deutschen Bundestag, stärke die demokratischen Parteien und nimm Einfluss darauf, wie wir zusammenleben und arbeiten, nimm Einfluss auf unsere Zukunft. Mit Deiner Stimme bei der Wahl gestaltest Du unsere Gesellschaft aktiv mit.

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit – wir müssen sie stärken

Warum ich das als Vorsitzender Deiner Gewerkschaft hier schreibe? Weil wir in ver.di gemeinsam bessere Arbeits- und Lebensbedingungen durchsetzen wollen. Weil wir deshalb neben unserer Tarifarbeit und unserer gewerkschaftlichen Arbeit in den Betrieben auch Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen. Weil es einen Unterschied macht, wer künftig die Gesetze macht. Weil wir parteipolitisch unabhängig, aber ganz bestimmt nicht unpolitisch sind.

Diese Bundestagswahl nach einem kurzen Winterwahlkampf ist besonders. Es geht auch um die Verteidigung unserer Demokratie. Wenn Multi-Milliardäre wie Elon Musk sich in den Wahlkampf einmischen, um einer in Teilen gesichert rechtsextremen Partei wie der AfD beizuspringen und ihre egoistischen Interessen durchzusetzen, müssen wir zusammenstehen. Gerade in politisch turbulenten Zeiten zählt jede einzelne Stimme für die demokratischen Kräfte in unserem Land.

Mit fast 1,9 Millionen ver.di-Mitgliedern sind wir eine wichtige gesellschaftliche Kraft. Wir stehen für Vielfalt, Toleranz und Teilhabe. Wir wollen eine Gesellschaft, die nicht von kaltem Profitstreben beherrscht ist, in der es mehr sozialen Zusammenhalt gibt und in der es gerechter zugeht. Das geht nur auf Grundlage starker Arbeitnehmer*innenrechte.

Ein Bollwerk für soziale Sicherheit

Deswegen wollen wir das Tarifvertragssystem stärken: Tarifverträge schaffen Sicherheit, auch in Krisenzeiten. Sie sind die Voraussetzung für faire Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen. Deshalb verlangen wir, dass zukünftig öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge einhalten. Und wir fordern Tarifschutz für möglichst viele Beschäftigten einer Branche. Deshalb muss es einfacher werden, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären.

Niedriglöhne sind eine Schande für ein Land wie Deutschland und sie führen zu Altersarmut, deshalb fordern wir die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro – und zwar noch in diesem Jahr! Das sind Kernthemen unserer ver.di-Arbeit, für die wir auch in der nächsten Legislaturperiode mit Nachdruck eintreten und an denen wir die Parteien messen.

Aktuell kämpfen wir in mehreren Tarifauseinandersetzungen für mehr Geld und bessere Bedingungen. Für die Beschäftigten bei der Deutschen Post, in Verkehrsbetrieben, im Gesundheitswesen und in vielen weiteren Branchen. Eine erfolgreiche Tarifpolitik ist nur möglich, wenn wir – dann, wenn es notwendig ist – unseren Forderungen mit Arbeitskämpfen Nachdruck verleihen können. Deshalb erwarten wir von allen Parteien, die zur Wahl antreten, eine klare Aussage dazu, dass sie die Finger von unserem Streikrecht lassen.

Von der Tarifrunde bei Bund und Kommunen sind 2,5 Millionen Beschäftigte betroffen. Angesichts des Arbeitskräftemangels geht es dabei auch um die Zukunft des öffentlichen Dienstes: Was lassen wir uns als Gesellschaft die Menschen kosten, die unseren Laden am Laufen halten, etwa in Kitas und den Krankenhäusern, die uns mit Energie versorgen und unseren Abfall entsorgen, die uns mit Ausweisen versorgen, oder Anträge bearbeiten, um nur einige Beispiele zu nennen? Das ist eine hochpolitische Frage: Wer "den Staat" im Alltag als marode und unzuverlässig erlebt, stellt ihn infrage.

Investitionen in die Zukunft

Deshalb fordern wir, dass die neu gewählte Bundesregierung die Kommunen finanziell stärkt. Wer immer nur auf Sparkurs fährt, kann weder Schulen, Kitas und Sportstätten sanieren noch frühkindliche Bildung fördern. Auch der öffentliche Nahverkehr, der Klimaschutz und eine faire Mobilität bleiben auf der Strecke, wenn wir an der Schuldenbremse festhalten. Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse. Dabei brauchen wir eine zukunftsfähige und vor allem nachhaltige Politik. Eine Politik, die die Verkehrs- und Energiewende vorantreibt und dabei die soziale Gerechtigkeit im Blick behält. Dafür sind umfangreiche Investitionen in unsere Infrastruktur notwendig, die Bund, Länder und Kommunen nur über Kredite finanzieren können. Die Schuldenbremse verhindert dies. Deshalb sage ich ganz klar: Die Schuldenbremse muss weg. Und auch Reiche und Superreiche müssen endlich durch höhere Steuern einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten.

Die zukünftige Bundesregierung muss den Sozialstaat stärken. Es darf erst recht keinen Sozialabbau geben, um Steuergeschenke für Reiche und Unternehmen zu verteilen und den Verteidigungshaushalt immer weiter nach oben zu schrauben. Eine Verschlechterung des Rentenniveaus muss genauso ausgeschlossen werden, wie eine Erhöhung des Renteneintrittsalters. Schon die Rente mit 67 Jahren ist für viele Menschen im gesunden Zustand kaum zu erreichen. Stattdessen muss die gesetzliche Rente verbessert werden.

Die Bürger*innen müssen sich auf ein Gesundheitssystem verlassen können, das funktioniert und in dessen Zentrum ihr Wohlergehen steht. Dafür braucht es mehr staatliche Aufwendungen, statt alle Kosten auf die Beitragszahler*innen abzuwälzen. Und wir fordern die Einführung einer solidarischen Pflegegarantie, die nicht nur eine bessere Versorgungsqualität ermöglicht, sondern die Bürger*innen auch finanziell entlastet.

Wir erwarten von der Politik, dass sie auf Zusammenarbeit statt Konfrontation setzt. Das bedeutet für mich: Solidarität statt Spaltung. Demokratie statt Populismus. Soziale Gerechtigkeit statt Steuervorteile für Vermögende. Und eine Politik, die Angriffe auf uns oder unsere Kolleg*innen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht oder sexuellen Orientierung bekämpft, statt sie zu befeuern. Nehmen wir in diesem Sinne gemeinsam Einfluss und weisen die radikalen Kräfte bei dieser Bundestagswahl in ihre Schranken.

Zu all diesen Fragen positionieren sich die Parteien vor der Bundestagswahl sehr unterschiedlich. Wir haben also eine echte Wahl. Mach Du Dich stark für eine widerstandsfähige Demokratie, soziale Gerechtigkeit und echte Solidarität. Nutze Deine Stimme. Nimm positiven Einfluss und geh am 23. Februar zur Bundestagswahl. Gemeinsam können wir viel bewegen.

Frank Werneke,

ver.di-Vorsitzender