Ausgabe 02/2025
Feministische Avantgarde

Rollenzuweisungen aufbrechen, mit Unverschämtheit provozieren, lautstark auf die Straßen gehen, BHs verbrennen – was mussten Frauen in den westlichen Ländern der 70er-Jahre nicht alles anstellen, um mit ihren Stimmen durch die dicken Wände der Männergesellschaft zu dringen, die sie umgab? Von Verständnis war damals noch gar keine Rede. Die Frauen waren froh, wenn sie sich überhaupt erst einmal Gehör verschaffen konnten mit Themen, für die sie im Bundestag von den überwiegend männlichen Abgeordneten noch schamlos ausgelacht wurden: Gewalt gegen Frauen im Allgemeinen und in der Ehe im Besonderen, das Recht auf Unversehrtheit ihrer Körper, ihr Recht auf Abtreibung und für faire Chancen am Arbeitsmarkt. An dieser Stelle kamen die Künstlerinnen ins Spiel, die mit ihren Möglichkeiten den Kampf der 70er um Gleichberechtigung, Selbstbestimmung gestaltet und unterstützt haben. Mit der Ausstellung "Stand Up! Feministische Avantgarde" zeigt die Staatsgalerie Stuttgart rund 140 "Werke aus der Sammlung Verbund, Wien". Dahinter verbirgt sich eine Kunstsammlung des österreichischen Stromkonzerns Verbund AG in Wien. Dr. Gabriele Schor hat sie seit 2004 aufgebaut und sie auf zeitgenössische internationale Kunst mit Schwerpunkt auf Feministischer Kunst von 1970 bis heute ausgerichtet. Mit ihren feministischen Werken wurde die Sammlung richtungweisend für feministische Positionen im kunsthistorischen Diskurs.
Und nun blicken wir auf diese Frau in Trauerkleidung, die lasziv auf einem Bügelbrett liegt, statt mit Kittelschürze die Hemden des Mannes für die kommende Woche zu plätten. Der Mann ist tot, sagt das Kleid. Jetzt kann ich endlich auch anders, flüstert die Pose, die in den Grenzen der Ehe nicht möglich war. Das Foto ist nur ein Beispiel für die poetischen, ironischen und radikalen Werke prominenter Künstlerinnen wie Valie Export, Ulrike Rosenbach oder Cindy Sherman, die es in der Ausstellung erstmals zu entdecken gibt.
STAND UP! FEMINISTISCHE AVANTGARDE. WERKE AUS DER SAMMLUNG VERBUND, WIEN. BIS 22.6.2025 IN THE GÄLLERY – RAUM FÜR FOTOGRAFIE DER STAATSGALERIe STUTTGART, KONRAD-ADENAUER-STR. 30–32, GEÖFFNET VON 10–17 UHR, DO BIS 20 UHR, MO GESCHLOSSEN. WWW.STAATSGALERIE.DE