Ausgabe 02/2025
Falsche Versprechen

ver.di publik: Warum ist der"Faktencheck Gesundheitswerbung" entstanden?
DR. Susanne Punsmann: Da es immer mehr unseriöse Anbieter im Bereich Gesundheit und Beauty gibt, haben wir 2020 den Faktencheck gegründet. Denn gerade im Gesundheitsbereich sind unseriöse Anbieter mit unzulässigen Werbeversprechen besonders gefährlich, weil man im Zweifelsfall nicht nur ein bisschen Geld verliert, sondern schlimmstenfalls auch seine Gesundheit riskiert.
Inwiefern riskiere ich meine Gesundheit?
Da werden Präparate angeboten, die beispielsweise bei erhöhtem Blutdruck helfen sollen. Das Versprechen "krieg deinen Blutdruck in den Griff, ganz ohne Medikamente" klingt gut. Das sind aber de facto Nahrungsergänzungsmittel, also Lebensmittel. Wenn Leute dafür ihre Blutdruckmedikamente, Diabetesmedikamente oder anderes absetzen, verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand.
Dann wird es gefährlich.
Ja. Es ist schon schlimm genug, wenn Leute getäuscht werden, man mit ihrer Hoffnung auf Genesung spielt und sie viel Geld ausgeben. Aber wenn versprochen wird, das heilt Multiple Sklerose oder Krebs und Leute dann auf eine evidenzbasierte Behandlung verzichten, dann ist das richtig kritisch.
Aber die meisten Sachen sind harmloser, oder?
Viele sind "nur" teuer. Da werben Anbieter mit falschen Versprechen oder gar Heilerfolgen und führen die Verbraucher in die Irre. Wir haben immer mehr Fake-Angebote, die im Internet aufploppen. Letztes Jahr hatten wir viel zum Thema Eckart von Hirschhausen, der angeblich bei Sandra Maischberger ein natürliches Mittel gegen Bluthochdruck vorgestellt hat. Und wir hatten viel Ärger mit dem Healy, ein sogenanntes Frequenztherapiegerät, das angeblich gegen alles helfen soll – von Darmproblemen bis Depressionen.
Und auch Influencer werden so zum Problem?
Da sind Fitness-Influencer, die in sozialen Medien dafür werben, wie schlank und muskulös sie sind und dann suggerieren, dass das durch ein bestimmtes Nahrungsergänzungsmittel geklappt hat und nicht dadurch, dass sie täglich stundenlang im Fitnessstudio waren. Und es gibt mittlerweile viele Medfluencer im Netz, die sich Arzt, Doc oder Ähnliches nennen und vielleicht allenfalls gerade Medizinstudent im zweiten Semester sind. Das ist ein Problem, weil die Leute ihnen vertrauen. Natürlich haben wir auch echte Ärzte, die unseriöse Versprechen machen. Aber darum kann sich die Ärztekammer berufsrechtlich kümmern. Bei den anderen Medfluencern gibt es keine Aufsichtsbehörde.
Was genau machen Sie?
Normalerweise werden wir durch Beschwerden von Verbrauchern aufmerksam gemacht – auch über unseren Instagram- und TikTok-Kanal. Im konkreten Fall schauen wir uns erstmal diese Werbung an, sichern sie und im Falle von unseriösen Werbeversprechen mahnen wir dann die Anbieter, Hersteller oder Influencer über die Verbraucherzentrale ab und fordern zu einer sogenannten strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Das heißt, wir versuchen, denen zu untersagen, dass sie damit weiterwerben. Manchmal geht das schnell, wir schreiben den Anbieter an, der schickt die Unterlassungserklärung unterzeichnet zurück und hält sich daran. Manchmal müssen wir aber auch Gerichtsverfahren führen.
Warum nimmt unseriöse Werbung zu?
Zum einen durch die sozialen Medien. Zum anderen denke ich, dass mit Corona eine gewisse Distanz zu evidenzbasierter Medizin gewachsen ist. Und ein großes Problem ist auch, dass man oftmals gar nicht die Möglichkeit hat, einen Arzt zu finden, mit dem man sein Gesundheitsproblem besprechen kann, vor allem als gesetzlich Versicherte*r. Also googelt man die Beschwerden. Und der Algorithmus führt dann dazu, dass entsprechende Werbung angezeigt wird. Und wenn in den Medien ein bestimmtes Thema hochkommt – im Moment ist beispielsweise ADHS bei Erwachsenen ein ganz heißes Thema – schießen genauso unseriöse Angebote aus dem Boden.
Woran erkennt man unseriöse Angebote?
Bei Lebensmitteln, also Nahrungsergänzungsmitteln gibt es die Health Claims Verordnung, in der steht, was man zu einzelnen Bestandteilen sagen darf und was nicht. Rechtlich nicht zulässig sind gesundheitsbezogene Aussagen, die vermitteln, dass Nahrungsergänzungsmittel Krankheiten vorbeugen, heilen oder lindern können. Für Medikamente oder Behandlungen haben wir das Heilmittel-Werbegesetz, das verschiedene Werbeverbote ausspricht. Zudem darf nicht mit einer Irreführung geworben werden. Die ist zum Beispiel immer gegeben, wenn jemand mit einem konkreten Erfolg wirbt. Wenn jemand sagt, nimm dieses Diätmittel und in drei Wochen hast du 10 Kilo verloren, dann ist das eine Erfolgsgarantie und damit irreführende Werbung. Interview: Fanny Schmolke