Ausgabe 02/2025
Nur ein erster Schritt

Plötzlich ging alles ganz schnell: Kurz nach der Bundestagswahl reformierte das vorherige, aber noch bis zum 24. März 2025 amtierende Parlament die Schuldenbremse und machte den Weg frei für ein Sondervermögen für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Noch im Wahlkampf hatte der Spitzenkandidat der Union und spätere Wahlsieger Friedrich Merz ein solches Vermögen vehement abgelehnt. Bis zum 18. März organisierte er jedoch die für die notwendige Grundgesetzänderung nötigen Stimmen im Bundestag bei Union, SPD und Grünen. Wenige Tage später schloss sich auch im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit an.
In dem jetzt beschlossenen Sondervermögen und den Veränderungen der Schuldenbremse sieht der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke nur einen ersten Schritt. Damit würde jetzt schnell staatliche Handlungsfähigkeit, die angesichts langer Versäumnisse und der wirtschaftlichen Lage dringend und zügig benötigt wird, geschaffen. Keine Industrienation der Welt habe einen so niedrigen Schuldenstand wie Deutschland. "Bezahlt haben wir das durch Zukunftsschulden in Form von bröckelnder Infrastruktur, fehlender wirtschaftlicher Dynamik und Defiziten in der Daseinsvorsorge", stellt Werneke klar.
Für ver.di stehen deshalb Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge, die Klimatransformation und die Energieversorgung ganz oben auf aber Liste. "Nach Jahren des Kaputtsparens gibt es nun leider viele Baustellen parallel. Priorität muss haben, was dem Zusammenhalt und der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft dient", so Werneke.
Nötig sei dafür auch eine grundlegende Reform der Schuldenbremse. "Es ist daher positiv, dass in der Sondierungsvereinbarung von Union und SPD verabredet ist, die Schuldenbremse bis Ende dieses Jahres zu reformieren. Als Gewerkschaften wollen wir in der Kommission zur Reform der Schuldenbremse allerdings beteiligt werden", betont der ver.di-Vorsitzende. Diese Reform sollte Nettoinvestitionen des Staates von der Verschuldungsregel ausnehmen.
Keine neue Aufrüstungsspirale
Das ist mit der jetzigen Änderung nur bei Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit möglich, die über ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts hinausgehen. Angesichts wacklig gewordener Schutzversprechen der USA müsse sich Europa verteidigen können, die Bundeswehr müsse einsatzfähig sein. "Allerdings sind die Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Staaten bereits jetzt doppelt so hoch wie die Russlands", so Werneke weiter. Einfach immer neue schwindelerregendere Zahlen auf eine nach oben offene Ausgabenskala zu setzen, sei daher nicht seriös: "Eine neue Aufrüstungsspirale kann nicht das Ziel sein."
Auch dürften zusätzliche Verteidigungsausgaben in keinem Fall zulasten von Zukunftsinvestitionen und des sozialen Zusammenhalts gehen, etwa indem an Bildung und Forschung gespart oder der Sozialstaat geschröpft werde, sagte Werneke. Die Anrechnung der Verteidigungsaufwendungen im regulären Haushalt zu deckeln und Zusatzausgaben über Kredite zu finanzieren, also keine Steuereinnahmen dafür zu verwenden, ginge daher in die richtige Richtung.
ver.di hatte sich schon lange für eine Reform der Schuldenbremse beziehungsweise deren Abschaffung stark gemacht. Daher wird ein Augenmerk der Gewerkschaft in der kommenden Legislatur auch auf diesem Vorhaben liegen.