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Foto: privat

Was können Mitglieder tun, um in ihrem Betrieb aktiv zu werden? Wie gewinnt man weitere Mitglieder, um mehr durchzusetzen? Wir stellen verschiedene "Werkzeuge" vor, die in gewerkschaftlicher Arbeit und Auseinandersetzungen erfolgreich eingesetzt wurden. Dieses Mal erzählt Felix Tobianke Vertrauensmann bei DHL Hub Leipzig von seinen Erfahrungen mit dem Aufbau einer Vertrauensleute-Struktur.

Du kommst gerade aus einem Vertrauensleute-Treffen? Ja, es ging um die Urabstimmung. Wir haben besprochen wie es weiter geht.

Du bist neu bei den Vertrauensleuten (VL). Wie kamst du dazu? Ich war schon ver.di-Mitglied, bin aber erst Ende letzten Jahres mit den Vorbereitungen der Tarifrunde aktiv geworden. Ich wurde vom ver.di-Unterstützungsteam angesprochen. Die haben mit allen ver.di-Mitgliedern telefoniert und gefragt, was unsere Probleme sind und ob wir uns aktive Gewerkschaftsarbeit vorstellen könnten. Man hat also erstmal versucht, unsere Betriebsstruktur zu verstehen und dann versucht, in jedem Team eine Kontaktperson zu finden. Diese Kontaktpersonen haben dann bei der Befragung zur Forderungsfindung in den Teams unterstützt und wurden dann als VL in den Teams gewählt.

Warum sind die Vertrauensleute so wichtig? Sie sind unter anderem Schnittstelle zwischen Verhandlern und Belegschaft. Es geht darum, die Beschäftigten besser einzubinden. Sie sind es ja, die den Betrieb ausmachen. Früher hatten viele das Gefühl, es wird über die Köpfe hinweg entschieden, keiner wusste, was in den Verhandlungen genau passiert. Das hat leider auch zu Austritten geführt. Jetzt befragt man die Leute: Was wünscht ihr euch, was stellt ihr euch vor? So wurde gemeinsam die Forderung entwickelt – und dann auch die Tarifrunden begleitet.

So entsteht Transparenz. Ja, die Kolleg*innen schätzen es, dass sie involviert, informiert und abgeholt werden. Das hat auch zu vielen Beitritten geführt. Bei mir im Team sind mittlerweile 80 Prozent bei ver.di – ungefähr doppelt so viele wie vorher.

Stark. Wie hast du das geschafft? Ich habe viel mit den Leuten gesprochen. Und dieser persönliche Austausch ist wichtig – ich bin kein ver.di-Externer, sondern Teil des Teams, sie kennen mich. Das schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Ich selbst habe mich tatsächlich nie so sehr als Teil dieser Firma gefühlt, wie jetzt als Vertrauensperson. Seit ich diese Rolle innehabe, lerne ich Kolleg*innen aus anderen Bereichen kennen und tausche mich mit ihnen aus. Ich sehe dadurch, wie ähnlich unsere Probleme sind. Und die gehen wir jetzt zusammen an. Früher war man oft allein. Aber jetzt besprechen wir uns mit anderen VL und sehen die gleichen Schmerzen und Sorgen. Diese Verknüpfung ist Stärke, weil du nicht mehr allein mit deinen Problemen bist. Das Problem ist immer noch da, aber du hast mehr Kraft, mehr Wucht, es anzugehen. Das gibt Sicherheit und Selbstvertrauen.

Wie viele Vertrauensleute seid ihr jetzt? Laut meinen Informationen 212 – wir haben in fast jedem Team Leute, die bereit sind, sich zu engagieren. Das ist schon eine gute Leistung bei rund 6.400 Beschäftigten. Dieser ganze VL-Prozess ist wie ein Schneeball, der einen Hang runterrollt. Am Anfang ist es ein kleiner Ball und je größer er wird, desto sichtbarer wird die ganze Struktur. Je mehr Leute engagiert sind, umso höher ist auch die Chance, dass jemand jemanden in einem unerschlossenen Team kennt. Und dann kommen irgendwann die Leute von allein und zeigen Interesse. Das ist das Ziel.

Hast du Tipps für andere, die in ihrem Betrieb so eine VL-Struktur aufbauen wollen? Unbedingt regelmäßige Treffen und aktiver Austausch – damit man weiß, was einen erwartet und lernt, besser zu kommunizieren. Wichtig ist zuhören und ausreden lassen. Wenn ich anderer Meinung bin als du, habe ich nicht automatisch ein Problem mit dir. Wir vertreten eben nur unterschiedliche Punkte. Ich argumentiere nicht gegen die Person, sondern gegen die These. Am besten sollte das Konzept "Vertrauensleute" anhand von Erfolgsstories geschult werden. So wie es bei uns die Leute von der Lufthansa und der Berliner Müllabfuhr getan haben. Sie haben uns ihren Weg in der Tarifverhandlung vorgestellt. Durch diese Praxisbeispiele wird alles greifbarer und verständlicher. Und es motiviert, zu sehen, dass das Früchte trägt.

ver.di bietet dieses und anderes "Gewerkschaftswerkzeug" in Schulungen an. Einen tieferen Einblick und Materialien findest du auf der Seite des Projektes Zukunft der Mitgliedergewinnung unter zdm-werkzeuge.verdi.de