Ausgabe 04/2025
Die Spiegelguckerin

Nach 30 Jahren im Handel wollte ich nochmal was ganz anderes machen und habe mich bei den Berliner Verkehrsbetriebender BVG, beworben. Da ich schon immer gerne auch große Autos gefahren bin, hat mich das gereizt. Um Busse fahren zu dürfen, muss man dort eine Qualifizierung machen. Die dauert vier Monate. Um Personen zu befördern und Fahrkarten verkaufen zu können, musste ich noch zwei weitere Prüfungen ablegen. Als Berufskraftfahrer ist es nötig, alle fünf Jahre seinen Führerschein zu erneuern. Dafür besucht man Schulungen und erneuert auch die betriebsärztlichen Untersuchungen wie Reaktions- und Sehtest.
Die ersten Runden mit dem „großen Gelben“ drehte ich auf dem Betriebshof, was natürlich mit viel Nervosität verbunden war. Dann ging es raus auf die Straße, rein in den Berliner Stadtverkehr. Das ist mit so einem großen Fahrzeug schon eine Herausforderung. Es gibt viele Dinge, auf die man achten muss. Da wäre der Überhang des Busses. Den müssen wir natürlich nutzen, um so nah wie möglich an den Bordstein zu kommen, um allen Fahrgästen den Ein- und Ausstieg so leicht wie möglich zu machen. Erschwert wird uns das leider oft von Fahrgästen, die zu dicht am Fahrbahnrand stehen und riskieren, mit dem Außenspiegel in Berührung zu kommen. Auch Radfahrer sind für uns eine große Herausforderung. Teilweise brauchen wir sehr lange, um an ihnen vorbeifahren zu können, da wir einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten müssen. Haben wir es dann geschafft, holen sie uns meistens an der nächsten Ampel wieder ein, überholen rechts oder links, fahren teilweise bei Rot, und für uns beginnt alles von vorne. Da würde ich mir mehr Rücksicht wünschen.
Typische Anfängerfehler
Im ersten halben Jahr habe ich typische Anfängerfehler gemacht und zwei Spiegelabdeckungen mussten dran glauben. Das ist nicht schön. Aber mir hat auch keiner einen Vorwurf daraus gemacht. Mit der Zeit wird man ruhiger, man lernt, dass beispielsweise Verspätungen nicht mehr aufzuholen sind. Im Frühdienst starte ich meinen Dienst auf dem Betriebshof. Die Dienste, die ich fahre, bekomme ich mehrere Tage im Voraus zugeteilt. Von der Einsatzleitung erhalte ich dann die Schlüssel vom Bus und sie nennt mir den Stellplatz. Vor der Abfahrt kontrolliere ich das Fahrzeug auf eventuelle Schäden und ob alles funktioniert. Zum Feierabend übergebe ich den Bus an eine Kollegin oder Kollegen. Umgekehrt übernehme ich ihn im Spätdienst auf der Strecke und bringe ihn zum Feierabend zum Betriebshof zurück.
Momentan komme ich nicht täglich zum Bus fahren, denn ich bin Mitglied im Personalrat, im ver.di-Betriebsgruppenvorstand und in der Tarifkommission. Das ermöglicht es mir, aktiv an Veränderungen für meine Kolleginnen und Kollegen mitzuarbeiten. Nach drei Jahren bei der BVG kann ich sagen, ich habe diesen Schritt nie bereut.