Ausgabe 04/2025
Drohnen auf dem Acker

"Selbst im Abstand von nur wenigen Metern gibt es bei den Böden in Brandenburg große Unterschiede", sagt Dirk Scheibe vom landwirtschaftlichen Beratungsunternehmen LAB in Müncheberg. Wer Bescheid weiß, wo Sand, Schluff oder Ton dominieren, kann Saatgut und Dünger besser dosieren und dadurch Ressourcen sparen. Auch Wetter, PH-Wert und Bodenfeuchte gilt es in die Strategie einzubeziehen, um mit dem geringsten Aufwand den höchsten Ertrag zu erzielen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts erstellt Agraringenieur Scheibe exakte Bodenkarten für die Agrargenossenschaft Trebbin. Die notwendigen Daten liefern Sensoren an deren Landmaschinen.
"Fehlender Regen im Sommer wird angesichts des Klimawandels für uns immer mehr zum limitierenden Faktor", erklärt Marwin Teschner, der bei dem landwirtschaftlichen Betrieb angestellt ist. Weil sandiger Boden die Feuchtigkeit schlechter halten kann, säen seine Kolleg*innen an solchen Stellen jetzt weniger dicht, damit nicht zu viele Pflanzen um die Restfeuchte konkurrieren müssen. "Gleiches gilt für Dünger, denn ohne Wasser bringt der gar nichts", so Teschner. So zieht der dank GPS genau lokalisierte Traktor heute einen digital gesteuerten Anhängerstreuer hinter sich her. Der verteilt die gesetzlich zugelassenen Stickstoffmengen so, dass die Pflanzen die ausgebrachten Stoffe optimal aufnehmen können und weniger Chemikalien ins Grundwasser gelangen.
Laser scannen Euter
Daten und Künstliche Intelligenz, Roboter und Satelliten spielen im Agrarbereich eine immer größere Rolle. Selbstfahrende Maschinen lernen, Wildkräuter von Rübenpflanzen zu unterscheiden und ihn mit einer Hacke zu eliminieren; das spart Pestizide. Die Uni Kiel experimentiert mit Drohnen, um schon vor der Getreideernte Zwischensaaten auszubringen, die dann im Schatten mehr Feuchtigkeit haben und besser keimen. Die Firma Agxeed preist ihr 200 PS-starkes Kettenfahrzeug an, das 80 Stunden nonstop Dämme für Kartoffelfelder ziehen oder schwere Böden pflügen kann, ohne dass ein Mensch am Steuer sitzt. Im Kuhstall hat die Digitalisierung ebenfalls längst Einzug gehalten. Laser scannen die Euter von Kühen, damit der Melkautomat die vier Zitzen exakt trifft. Auch Tier- und Pflanzengesundheit werden zunehmend von Maschinen eingeschätzt , abgwogen und beurteilt; bei jedem ersten Anzeichen von Krankheiten meldet sich eine App auf dem Smartphone.
Neun Prozent der klimaschädlichen Gase sind auf die Landwirtschaft zurückzuführen. Die Biomasse an bestäubenden Insekten ist seit 1980 um 85 Prozent zurückgegangen, die natürliche Fruchtbarkeit der Böden hat stetig abgenommen. Zahlreiche Grundwasserbrunnen mussten aufgrund der hohen Nitratbelastungen geschlossen werden. Smart Farming wird häufig als Chance für Arten-, Boden-, Klima- und Ressourcenschutz gesehen: Wasser, Pestizide und Dünger lassen sich passgenau einsetzen, leichte Maschinen oder Drohnen den Boden vor weiterer Verdichtung schützen.
Biodiversität kein primäres Ziel
Wie bei jeder technischen Entwicklung kommt es allerdings auf die Ziele an, die die Auftraggeber den Entwickler*innen vorgeben. Das Bundesamt für Naturschutz hat in einer Studie festgestellt, "dass der Erhalt von Biodiversität und Ökosystemen aktuell kein primäres Ziel der Digitalisierung der Landwirtschaft ist, sondern lediglich einen möglichen Nebeneffekt darstellt." Hauptakteure der Entwicklungen sind große Chemie- und Saatgutkonzerne wie Bayer und BASF sowie Landmaschinenhersteller wie Claas und John Deere. Ihnen geht es um einen neuen riesigen Markt, der auf jährlich 15 bis 20 Milliarden Dollar geschätzt wird – Tendenz rasant steigend. Hauptabnehmer sind große landwirtschaftliche Betriebe. Und die haben vor allem Interesse an weiteren Ertragssteigerungen.
Annette Jensen