Ausgabe 05/2025
Arbeit mit viel Herzblut
Zwischen Möbeln mit Geschichte, sorgfältig aufpolierten Fundstücken und kreativen Recycling-Ideen leisten die rund 70 Beschäftigten von Stilbruch tagtäglich einen wichtigen Beitrag für Hamburgs Klimaschutzziele. Als 100-prozentige Tochter der Stadtreinigung sorgt das Kreislaufwirtschaftsunternehmen dafür, dass Dinge weiterverwendet statt weggeworfen werden. Nachhaltigkeit zum Anfassen – möglich gemacht durch Menschen, die mit viel Herzblut arbeiten.
Doch hinter den liebevoll arrangierten Ausstellungsflächen verbirgt sich eine harte Realität. Der Durchschnittslohn liegt bei nur 2.550 Euro brutto – rund 600 Euro weniger als bei den Kolleg*innen der Stadtreinigung. Viele der Beschäftigten müssen Wohngeld oder Bürgergeld beantragen, um in Hamburg über die Runden zu kommen. "Wir tragen jeden Tag dazu bei, dass Stilbruch wirtschaftlich und ökologisch erfolgreich ist", sagt Lisa Klein aus der Tarifkommission. "Aber unsere Bezahlung macht es uns zunehmend schwer, hier zu leben. Das passt nicht zusammen."
Dabei hat Stilbruch allen Grund zur Zufriedenheit: 2024 war das erfolgreichste Jahr seit Bestehen. Auch die Geschäftsführung bestreitet die gute wirtschaftliche Lage nicht. Trotzdem profitieren die Beschäftigten davon nicht angemessen. "Ein Unternehmen, das Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung im Schaufenster hat, darf die eigenen Leute nicht mit Niedriglöhnen abspeisen", betont ver.di-Verhandlungsführer Babis Ganotis.
Für viele Beschäftigte geht es längst ums Existenzielle. Die Mieten und Lebenshaltungskosten in Hamburg sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen, während ihre Löhne hinterherhinken. "Bei solchen Entgelten wissen viele nicht, wie sie den Monat überstehen sollen", sagt Ganotis.
Die Diskrepanz ist offensichtlich: Während die Kaufhäuser mit Nachhaltigkeit werben und Ressourcen schonen, geraten die Menschen, die das möglich machen, selbst unter Druck. Sie retten Möbel, Elektrogeräte und Alltagsgegenstände, reparieren und verkaufen sie weiter – Hamburg profitiert, die Umwelt profitiert.
"Nachhaltigkeit darf nicht beim Produkt enden", sagt Klein, "sie muss auch für die Menschen gelten, die dafür arbeiten."
ver.di fordert deshalb eine Erhöhung der Entgelte um 500 Euro monatlich – ein Schritt, der nicht nur den Beschäftigten zugute käme, sondern auch ein klares Signal setzen würde: Wer nachhaltige Arbeit leistet, muss auch nachhaltig davon leben können.