Ausgabe 05/2025
Die Axt an der Mitbestimmung

Mitglieder des Gesamtbetriebsrats (GBR) beim Geld- und Wertdienstunternehmen Prosegur haben sich für ein Internetfoto aufgestellt: Darauf ziehen sie an einem dicken Seil – symbolisch an einem Strang. Das Bild soll ihren Zusammenhalt und die Zugehörigkeit zum Unternehmen zeigen. Juristisch aber gehört die Niederlassung Köln nicht mehr dazu, denn sie wurden in eine eigenständige Firma ausgegliedert. Die Kölner Filiale ist jetzt ein Subunternehmen. Gleichzeitig hat Prosegur mit ihrer Umstrukturierung die Spitze des Gesamtbetriebsrats (GBR) abgesägt. Bislang stellte die Kölner Filiale den GBR-Vorsitzenden. Das darf sie nun nicht mehr.
Die Umstrukturierung erfolgte blitzschnell: Am 19. Mai haben Betriebsrat und Beschäftigte davon erfahren und bereits zum 1. Juli ist die Kölner Niederlassung in eine eigenständige Gesellschaft ausgegliedert geworden – eine GmbH & Co KG. "Sie ist jetzt ein eigenes Unternehmen und gehört nicht mehr zur Prosegur Cash Services Germany GmbH wie bisher", berichtet der Vorsitzende des Kölner Betriebsrats (BR), Detlef Klatte, der bis dahin auch GBR-Vorsitzender bei Prosegur war. "Wir dürfen nicht mehr für den GBR tätig werden."
Die Arbeit im Geld- und Werttransport bleibt für die Beschäftigten aber dieselbe, trotz erfolgter Umstrukturierung. Der BR habe noch versucht, im Eilverfahren gegen die Ausgliederung vorzugehen und begründet, es handele sich um einen rechtsmissbräuchlichen Betriebsübergang, erläutert Klatte. Doch das Gericht lehnte den Antrag ab. Die Ausgliederung sei "unternehmerische Freiheit". Prosegur könne auch ohne nachvollziehbare Begründung umstrukturieren.
Sie blicken sorgenvoll in die Zukunft
Die 240 Beschäftigten sind inzwischen im neuen Unternehmen angekommen. Der alte und neue Betriebsrat mit seinen neun Mitgliedern besteht in der GmbH & Co KG weiter. Vertraglich ist alles für die übergegangenen Mitarbeiter*innen in geregelten Bahnen. Der Betriebsübergang wurde nach Paragraf 613a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vollzogen. Das bedeutet, der neue Arbeitgeber übernimmt alle Rechte und Pflichten des bisherigen Arbeitgebers. Kündigungen allein aufgrund des Betriebsübergangs sind nicht erlaubt. Allerdings gibt es Sorgen, was die Zukunft anbetrifft: "Wenn sich für die Beschäftigten langfristig nichts ändert, wäre der Betriebsübergang in eine eigenständige Firma wohl kaum notwendig geworden", gibt BR-Vorsitzender Klatte zu bedenken
Ein weiterer Streitpunkt ist der neue Konzernbetriebsrat (KBR). Der wurde mittlerweile vom GBR gegründet. Jetzt ist umstritten, ob das Kölner Unternehmen dazugehört. Die neu gegründete Kölner GmbH & Co KG hat bereits einen Beschluss zur Entsendung in
den KBR gefasst. Der Arbeitgeber hat dem widersprochen. "Die haben uns ein Organigramm vorgehalten und uns gezeigt, dass sie uns außerhalb der Konzernstrukturen sehen", berichtet Detlef Klatte. Es werde wohl darauf hinauslaufen, dass auch das vor Gericht geklärt werden muss.
Es bleiben Fragen
Für die Beschäftigten bleibt die bange Frage, warum sie überhaupt ausgegliedert wurden. "Der Arbeitgeber spricht von mehr Flexibilität und Agilität", erläutert Ina Klatte. "Angeblich soll es durch die Ausgliederung schnellere und dezentrale Entscheidungsstrukturen geben. Doch das ist fadenscheinig". Beispielsweise sei der bisherige Niederlassungsleiter zum Geschäftsführer gemacht worden, aber allein entscheiden könne er nicht.
Die Betriebsräte wollen weiterhin für ihre Kolleginnen und Kollegen da sein. Dazu hat das Betriebsratsgremium in Köln inzwischen drei Arbeitsausschüsse gebildet: wie schon bisher einen für Arbeitssicherheit, einen weiteren für Arbeitszeit sowie einen Wirtschaftsausschuss. Die Themen im Wirtschaftsausschuss waren früher im GBR behandelt worden.
Was die Ausgliederung langfristig bedeutet, wird zu beobachten sein. Detlef Klatte vermutet eher nichts Gutes. "Wir sind die ersten und das Versuchsobjekt. Wenn sich das Modell bewährt, dann wird es bei den anderen Niederlassungen weitergehen", vermutet er. "Der Aktiengesellschaft ist Mitbestimmung ein Dorn im Auge."
"Wir sind die ersten und das Versuchsobjekt."
Detlef Klatte, Betriebsrat
Die Aktiengesellschaft Prosegur
... ist ein internationaler Sicherheitsdienstleister mit Sitz in Madrid und weltweit rund 160.000 Beschäftigten. In Deutschland hat das Unternehmen 4.500 Beschäftigte und rund 30 Betriebsteile, aufgeteilt in drei rechtlich selbstständige GmbHs: Prosegur Cash Services Germany GmbH, zuständig für Geld- und Werttransporte, Prosegur SIS Germany GmbH, Errichter von Sicherheitstechnik, und Prosegur Services GmbH, ein interner Dienstleister für die deutschen Prosegur-Unternehmen. Die Kölner Niederlassung gehört nun nicht mehr wie bisher zur Prosegur Cash Services Germany GmbH, sondern wurde ausgegliedert in die neu gegründete Gesellschaft Prosegur GmbH & Co KG – eine spezielle Form der Kommanditgesellschaft, bei der die Rolle des vollhaftenden Gesellschafters von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) übernommen wird. Oder anders ausgedrückt: Die Kölner Filiale wurde zu einem Subunternehmen von Prosegur.