Ausgabe 05/2025
Die Sau geht viral
Eine junge Frau, nicht volljährig, erzählt auf Instagram vom Reiten. Die Fantasie kommt auf manch männlich gelesenen Profilen in Wallung. Mit kaum verhohlenen sexuellen Andeutungen fluten sie die Chats des Mädchens.

Eine Mutter von zwei Kindern berichtet auf verschiedenen Plattformen über den Umbau ihres Hauses. Doch die Kompetenz für handwerkliche Arbeiten wird ihr in den Kommentaren unter ihren Beiträgen vorwiegend von männlich gelesenen Profilen abgesprochen: falsches Geschlecht, falsche Figur.
Eine Journalistin moderiert in einer Nachrichtensendung den Beitrag über den Tod eines rechtsextremen Influencers an. Neutral fasst sie das Geschehen zusammen. In den "Sozialen Medien" wird Dunja Hayali dafür mit dem Tod bedroht. Nicht nur, weil mittlerweile dort ein Video mit einem sinnentstellenden Zusammenschnitt ihrer Anmoderation steht, sie wird auch ob ihres Geschlechts, ihrer Herkunft und ihrer sexuellen Orientierung verunglimpft.
Drei völlig unterschiedliche Beispiele, die zeigen, wie die (a)sozialen Medien genutzt werden, um andere Menschen anzugreifen, sie im Schutz der vermeintlichen Anonymität des Netzes zu beleidigen, sexistisch, rassistisch, homophob. Wie versucht wird, die Werte, die uns ein Zusammenleben ermöglichen, auf den Kopf zu stellen, bis dahin, die Demokratie auszuhebeln.
Das wird man doch wohl mal sagen dürfen, heißt es dann. Und genau diese Menschen, die ihre Meinung sagen, beklagen sich, ihre Meinungsfreiheit werde eingeschränkt. Die Säue, die früher ,nur' durchs Dorf getrieben wurden, gehen heute viral, erreichen die weite Welt in rasanter Geschwindigkeit, die Themen verselbstständigen und vervielfachen sich.
Ein Diskurs, in dem unterschiedliche Meinungen argumentativ vertreten werden, wird immer schwieriger. Als Ausweg bliebe nur der Rückzug aus der Öffentlichkeit, egal ob die Betroffenen ihr Hobby teilen oder eine politische Sendung moderieren. Doch es kann nicht sein, dass so die Vielfalt hier im Lande zerstört wird. Hier müssen auch Politik und Plattformbetreibende dafür sorgen, dass das Netz nicht noch rechtsfreier wird.