Liebe Leserin, lieber Leser,

"Unidentifizierte Flugkörper" über Europas Grenzen, Drohnen russischer Bauart in unserem Luftraum – was zunächst wie billige Provokation wirkt, ist tatsächlich ein Angriff auf unser Gefühl von Schutz und unsere Handlungsfähigkeit. Doch die Bedrohungen kommen nicht nur aus der Luft, sie zeigen sich auch am Boden, in Kitas, Jugendämtern, Hochschulen, auf Farmen im globalen Süden. Dort, wo Systeme bröckeln, fallen zuerst die Schwächsten: Kinder in Armut, prekär Beschäftigte, Frauen, Geflüchtete.

Unsere Reportage aus Bremen zeigt das Ausmaß dieser Krisen. Überlastete Jugendhilfe, Kitas am Limit, Hochschulen, die auf Selbstausbeutung bauen. Unser Interview mit Menschenrechtsaktivist Mohammad Reza Ataei erinnert daran, dass unabhängige Gewerkschafterinnen im Iran ihr Leben riskieren. Und unser Blick nach Südafrika belegt, dass selbst unter schwierigsten Bedingungen mutige Beschäftigte mit ver.di Verbesserungen erkämpfen können. Die Beispiele haben zudem eines gemeinsam: Sie machen klar, dass Sicherheit nicht nur durch Radar und Abwehrsysteme entsteht – sondern durch starke öffentliche Dienste, demokratische Mitbestimmung und internationale Solidarität.

Drohnen im Himmel sind ein Symbol für verletzliche Grenzen. Dass auch unsere sozialen und demokratischen Schutzräume durchlöchert werden, dürfen wir nicht zulassen. Die anstehende Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder, die Forderung nach fairen Arbeitsverträgen für Studierende, die Unterstützung für Kolleg*innen in Südafrika und Iran – all das sind Antworten aus der Zivilgesellschaft auf eine Welt im Ausnahmezustand. Gewerkschaften sind da kein Relikt, sie sind ein Schutzschild. Sie sind Radar, Frühwarnsystem und Reparaturwerkstatt. Und sie sind Hoffnung: Dass Menschen sich nicht spalten lassen, sondern zusammensitzen, reden, kochen, streiten und etwas organisieren – wie bei "Steindorf kocht". In Zeiten von Drohnen und Drohungen brauchen wir genau das: mehr Begegnung, mehr Haltung, mehr Handeln.

Petra Welzel

Chefredakteurin der ver.di publik