13_steindorf_kochshow_neubaur.jpg
Im September füllte Mona Neubaur, die grüne Wirtschaftsministerin in NRW, bei Steindorf die TellerFoto: Lars Berg

Coesfeld. Ralf Steindorf aus Rosendahl im Münsterland rührt in vielen Töpfen: engagierter Gewerkschafter, Netzwerker, Ex-Mitstreiter von CDU und christlich-demokratischer Arbeitnehmerschaft CDA, Gemeinderat in seinem Heimatort und Koch-Showmaster der besonderen Art.

Alle paar Wochen lädt das engagierte ver.di-Mitglied Prominente und Gäste regelmäßig zum Kochen und Essen in ein Coesfelder Küchenstudio ein. Und alle kommen, in diesem September die NRW-Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur von Bündnis 90/Die Grünen. "Alle sitzen entspannt zusammen und reden miteinander", lobt die Politikerin. Für die Gesellschaft seien solche Räume ein "echter Schatz". Sie sei dankbar, hier auf Leute zu treffen, die nie im Leben zu einer Veranstaltung ihrer Partei kommen würden.

"Die Menschen", ergänzt Ralf Steindorf, "öffnen sich und erzählen auch persönliche Dinge, wenn sie merken, dass niemand sie angreifen will, und sie entspannt an einer langen Tafel beim Essen zusammensitzen. Gerne erinnert er sich an Runden etwa mit katholischen Würdenträgern, die den Zölibat in seiner Runde als Dummheit bezeichnet haben. Öffentlich würden sie so etwas nie sagen.

"Ich labere denen erstmal ein Kotelett an die Backe, dann tauen sie auf." So erklärt Steindorf sein Talent, unterschiedlichste Menschen in einen entspannten Redefluss zu bringen.

Alle sind per Du

In der hypermodernen Küche, die ihm das Möbelhaus Stall am Stadtrand von Coesfeld zur Verfügung stellt, haben Steindorf und sein Team schon alles vorbereitet, als gegen 18 Uhr die ersten Gäste und Ministerin Neubaur eintreffen. Zur Begrüßung gibt es einen selbst gemachten Aperitif, wahlweise mit und ohne Alkohol. Die Gäste setzen sich an eine lange, gedeckte Tafel. Einzige Regel: Alle stellen sich mit Vornamen vor und sind per Du. Verteilt auf dem Tisch liegen Kärtchen, auf denen die Gäste ihre Fragen an die Politikerin schreiben können.

Steindorf stellt das Programm vor und fragt, wer vegan, vegetarisch und wer Fleisch oder Fisch essen möchte. Als Vorspeise serviert das Team Bagel-Brötchen mit Frischkäse, Gemüse und/oder Lachs. Wie selbstverständlich zieht Mona Neubaur die schwarze Küchenschürze mit dem roten Aufdruck "Steindorf kocht" an und serviert mit.

Beim Essen kommen die Gäste schnell miteinander ins Gespräch. Ministerin Neubaur setzt sich mit an die Tafel, beantwortet Fragen und erzählt aus ihrem Leben.

In den Pausen zwischen den Menü-Gängen geht sie zu Ralf Steindorf an den Herd. Er fragt: "Wie wird man das, was Du bist?" Ihre Antwort: "Der Landtag hat mich ernannt."

Mit ihrer schlagfertigen Antwort hat Mona Neubaur die Lacher auf ihrer Seite. Locker erzählt sie die wichtigsten Stationen ihres Lebenslaufs: Studium der Psychologie und Soziologie, Arbeit bei einem Ökostromanbieter in einer Zeit, als noch kaum jemand wusste, was das ist, dann Heinrich-Böll-Stiftung und mehr.

Weiter gehts im Ping-Pong A oder B: Sekt oder Selters, Naturstrom oder Gazprom, Merz oder Söder? Die Antworten liegen auf der Hand.

Nach dem nächsten Gang, einer "internationalen Vorspeise" mit Hummus, Bulgur, selbstgemachtem Zaziki und indischem Nam-Brot, soll Mona Neubaur drei Geschichten erzählen. Das Publikum soll raten, welche davon wahr ist.

Ralf Steindorf

Jahrgang 1965, wurde nach einer abgebrochenen Stuckateur-Ausbildung in seinem Heimatort Sprockhövel am Südrand des Ruhrgebiets Briefträger bei der Post, später Betriebs-, dann Filial- und Amtsleiter und schließlich Telekommunikationsberater und Projektleiter. "Weil es üblich war", trat er 1981 der Deutschen Postgewerkschaft, DPG bei, einer der fünf Vorgängergewerkschaften von ver.di. In den DGB-Gewerkschaften sieht Steindorf das einzige Korrektiv der kapitalistischen Gesellschaft.

Von Schweineblut und schwebenden Büroklammern

Die 48-Jährige erzählt von ihrer Kindheit auf dem Land zwischen Augsburg und Ingolstadt. Als Kind war sie "stolz darauf, dass sie das Schweineblut für die Blutwurst umrühren durfte". Das Thema ist gesetzt. Mona Neubaur liegt die Landwirtschaft am Herzen. Vegetarierin ist sie nach einem Besuch beim Großschlachter Tönnies geworden. Dort hat sie gesehen, wie gutes Fleisch im Müll landet, weil es einen zu großen Fettrand hat. An die Fleischesser hat sie eine Bitte: "Genießt, was ihr esst, tut es bewusst und mit Respekt. Werft keine Lebensmittel weg. Da steckt so viel Arbeit und Energie drin." Zustimmung an der Tafel, die sich heute vor allem aus der örtlichen CDU und deren Dunstkreis zusammensetzt.

Autofahren, inzwischen auch eines der Reizthemen in der Gesellschaft, hat Neubaur schon mit 13 auf Opas altem Traktor gelernt: Lenken, kuppeln, schalten.

Die dritte Geschichte klingt nach Märchen. In einer Fabrik konnte sie Büroklammern über ihrer Hand schweben lassen. Doch auch diese Anekdote stimmt. In dem Aluminiumwerk gibt es ein Magnetfeld, das Büroklammern in der Luft hält.

Die rund 25 Gäste lauschen. Ab und zu kommt mal eine Frage wie die nach dem Tariftreuegesetz oder nach den Vorschriften für die Laden-Öffnungszeiten. "Ich finde es gut, dass die Gesellschaft einmal die Woche zur Ruhe kommt", sagt Mona Neubaur. Aber man müsse auch bedenken, dass die Leute sonntags online einkaufen.

Andere fragen, ob man die Jugendlichen nicht über eine mögliche Wehrpflicht mitentscheiden lassen müsste. Ralf Steindorf gibt die Frage an seinen Sohn Max weiter, der bei der Autobahnpolizei arbeitet. "Ja", sagt der nach einigem Zögern. Er und seine Freunde fühlten sich bei dem Thema nicht gehört.

Nach der Hauptspeise, einem Beyti (einem Fleischpatty mit Gemüse im Fladenbrot) und dem Nachtisch (griechischer Joghurt mit Mandeln und Eiskonfekt) sind alle mehr als satt und zufrieden. Ein "toller Abend", freut sich eine Besucherin, "locker, offen und harmonisch".

Auch für die Ministerin hat sich die Anreise aus Düsseldorf gelohnt. "Auf jeden Fall", versichert sie, nur: Ihre Kochkünste hätte sie gerne unter Beweis gestellt. Ralf Steindorf und sein Team hatten den Abend so gut vorbereitet, dass sie die Gerichte nur noch anrichten und servieren mussten. Doch so durfte Mona Neubaur "beweisen, dass sie auch drei Teller auf einmal tragen kann", sagt Steindorf.

Steindorf kocht

2011 startete Steindorf zusammen mit dem örtlichen Kolping-Bildungswerk das Format "Steindorf kocht". Rat und Inspiration hat er sich damals beim Fernsehkoch Alfred Biolek geholt. Die Veranstaltungen sind immer ausgebucht. Wer sich rechtzeitig anmeldet, bekommt für 49 Euro ein ausgefallenes Menü inklusive Getränke-Flat (alkoholfrei und Wein) und die Gelegenheit, sich beim Essen entspannt mit den Promis und den anderen Gästen an der langen Tafel zu unterhalten.

Anmeldung zum nächsten Termin am 31.10.2025 kann man sich hier