Ausgabe 05/2025
Kurzmeldungen zum Reise-Spezial
Anhaltende Tarifrunde
Tourismus – Bei den Tarifverhandlungen in der Tourismusbranche liegen die Positionen von ver.di und der Arbeitgeberseite noch weit auseinander. Nach sechs Jahren Verhandlungspause ist der Abschluss eines neuen Flächentarifvertrags in der Reisebranche aber wichtiger denn je. Zuletzt trennten sich ver.di und die Arbeitgeber nach der 8. Verhandlungsrunde am 1. September 2025 ohne Einigung. "Wir sind weiter verhandlungs- bereit, aber die Arbeitgeberseite möchte in einem neuen Termin nur über ihr – aus unserer Sicht vollkommen unfaires – Zulagenmodell verhandeln", sagt ver.di-Verhandlungsführerin Sonja Austermühle. Zu der langen Verhandlungspause zwischen ver.di und dem Branchenverband DRV-T kam es, weil schon 2018 und 2019 keine Einigung möglich war und dann die Pandemie folgte. ver.di fordert eine nachholende Erhöhung aller Gehälter und Auszubildendenvergütungen um 19,5 Prozent, mindestens aber 550 Euro brutto. Der DRV-T bietet lediglich eine Anrechnung der bereits in den letzten Jahren erfolgten Erhöhungen und dazu eine aktuelle Erhöhung um 2,5 Prozent. In Summe bedeutet das lediglich eine Erhöhung um 9,8 Prozent.

Über 20 Länder in fast 30 Jahren
Buchtipp – Wolfram Frommlet, Kulturwissenschaftler, Dramaturg und Experte Afrikas und Asiens, nimmt uns mit auf eine Reise in die Schatten, die Europa auf andere Kontinente wirft — dorthin, wo "Hochkultur", Entwicklungshilfe und humanistische Idealvorstellungen auf eine oft unbequeme Wirklichkeit treffen. Seine Schilderung des letzten Kriegsjahres, in dem er Anfang 1945 geboren wurde – nur wenige Wochen nachdem in Ulm die Noten der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach verbrannten –, ist die Ouvertüre zu einer Art Autobiografie. Die klassische Musik und das Nachkriegseuropa der Humanität bestimmen Frommlets Kindheit und Jugend, die aber schon bald durch Kränkungen, Brüche — durch die Geschichte des Kolonialismus, des Holocausts und das bleibende Erbe des Nord-Süd-Verhältnisses übertönt werden. Fast 30 Jahre lang wirkte Frommlet in über 20 Ländern. Er war Entwicklungshelfer, Medien- Trainer, Beobachter — immer mit dem Anspruch, nicht von oben herab zu urteilen, sondern tief in den Alltag einzutauchen. Er erlebt schwarze Menschen, die teils lieber "weiß" sein möchten, und Weiße, die sich wünschen, "schwarz" zu sein; neoliberale Eliten, die in der Entwicklungshilfe ihr Machtwerk fortsetzen; Armut, Abhängigkeit und absurde Rituale der Solidarität. Aber er sieht auch erstaunliche Alternativen, kulturelle Widerstände, kreative Wege der Selbstbestimmung. Frommlet scheut sich nicht, seinen eigenen Anspruch zu hinterfragen. "Helfen" ist kein Privileg, sondern immer eine Gratwanderung. Dort, wo europäische Werte gegen afrikanische Traditionen stoßen — etwa im Umgang mit Familie, Gemeinschaft, Schuld und Hilfe — entstehen echte Dilemmata. Sein Buch liest sich wie ein großer Report, zugleich persönlich philosophisch und auch radikal. Petra Welzel
Wolfram Frommlet, "Johann Sebastian Bach geht über den Sambesi. Reisen in die Schatten Europas", Kröner Verlag, 365 Seiten, 28 €, ISBN 978-3520914019