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Foto: ver.di TV

Lautstark wettert die AfD gegen "die da oben" – und setzt sich als "Partei der kleinen Leute" in Szene. Doch davon kann keine Rede sein. Von ihren Plänen würden vor allem Menschen mit Spitzeneinkommen und aus reichen Familien profitieren. Die rechtsextreme Partei steht für eine Umverteilung – von arm zu reich. "Dass trotzdem so viele Leute die AfD wählen, gerade aus dem früheren klassischen Arbeiterbereich, passt rein ökonomisch überhaupt nicht zusammen", sagt die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze vom Institut für Demokratie- und Parteienforschung der Uni Trier. "Und lässt sich rational nicht erklären." Gerade Menschen mit niedrigen Einkommen hätten mit der AfD weniger Geld in der Tasche.

Fürs Wahlprogramm der AfD gilt: Je höher das Einkommen, desto größer wäre das Plus, wie ein Gutachten des Mannheimer Leibniz-Instituts für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt. So hätte zum Beispiel ein Ehepaar mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener-Einkommen von 40.000 Euro brutto jährlich 440 Euro weniger zur Verfügung. Anders sieht es aus, wenn viel mehr Geld im Spiel ist: Bei einem Einkommen von 180.000 Euro pro Jahr hätte die Familie in der Beispielrechnung rund 19.190 Euro mehr auf dem Konto.

Damit nicht genug: Die AfD will die Erbschafts- und Schenkungssteuer komplett abschaffen. Sie lehnt eine Vermögenssteuer für Multimillionäre ab. Und sie will den Solidaritätszuschlag für Besserverdienende, Unternehmen und Kapitalanleger streichen. "Die Wirtschaftspolitik der AfD führt in die Katastrophe", warnt auch der Präsident des arbeitgebernahen Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Die riesigen Steuersenkungen der AfD würden seinen Angaben zufolge den Staat über 180 Milliarden Euro kosten. Die Hauptleidtragenden wären vor allem die Wählerinnen und Wähler der AfD, heißt es weiter. Zumal die Partei zugleich eine Erhöhung des Mindestlohns ablehnt, sozialen Wohnungsbau stoppen will und sich sowohl gegen eine Mietpreisbremse als auch gegen einen bundesweiten Mietendeckel stemmt.

Angst vor Abstieg

Warum setzen so viele Leute trotzdem ihr Kreuz bei der AfD, auch wenn es ihren eigenen Interessen widerspricht? "Das liegt nicht daran, dass sie zu doof sind oder darüber nicht Bescheid wissen", meint die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze der Uni Trier. Sondern für ihre Wahl seien wirtschaftliche Faktoren nicht ausschlaggebend. Sie setzten andere Prioritäten. Eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass es nicht Verteilungsfragen sind, die AfD-Wählende am meisten bewegen: "Die Migration bleibt das Thema Nummer eins." Eine wichtige Rolle spiele das Gefühl, benachteiligt zu sein, sowie die Angst vor Abstieg.

"Welche Themen die Menschen als wichtig erachten, hat viel mit dem öffentlichen Diskurs zu tun", sagt Anna-Sophie Heinze. Darauf hätten Politik und Medien großen Einfluss. "Je mehr sie über Migration sprechen, desto mehr profitiert die AfD." Desto wichtiger und legitimer wirkten die Themen. Verwunderlich sei, wie wenig von Gerechtigkeit die Rede sei, von Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnen und Rente. Statt ständig Themen wie Migration oder Gender zu bedienen, gelte es, den Fokus auf soziale Fragen zu legen, betont die Wissenschaftlerin. "Bei diesem Thema können rechtsradikale Kräfte keinen Fuß fassen." Kathrin Hedtke

6 Argumente, warum Beschäftigte nicht die AfD wählen sollten

Die AfD ist nicht die Partei der "kleinen Leute" – im Gegenteil: Steuergeschenke in Milliardenhöhe für Spitzenverdiener*innen, Geringverdiener*innen gehen leer aus, das ist unter anderem ihr Steuerprogramm.

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