auch dieses Jahr hat uns vieles abverlangt: Geduld, manchmal Wut, immer Hoffnung. Und es hat gezeigt, wie fragil das ist, was wir für selbstverständlich halten – demokratische Medien, faire Arbeit, kulturelle Vielfalt. Im Gespräch mit Luise Klemens (Seite 3) wird klar: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist kein Luxus, sondern ein Schutzraum für Demokratie. Pluralität ist kein nettes Extra, sondern Voraussetzung dafür, dass unsere Gesellschaft nicht auseinanderfällt. Wer den ÖRR schwächt, schwächt mehr als ein Programm – er schwächt unseren Zusammenhalt.

Gleichzeitig erleben wir eine neue Generation von Gewerkschaftsmitgliedern, die sich nicht anpasst, sondern einmischt (Seiten 6+7). Junge Kolleg*innen, die streiken, organisieren, kreativ werden. Memes statt Schweigen, Haltung statt Zynismus. Sie zeigen: Solidarität ist nicht altmodisch – sie bewegt etwas.

Ein Blick nach Brasilien mahnt uns, wachsam zu bleiben. Der Arbeitsforscher Ricardo Antunes beschreibt ein System (Seite 12), in dem Arbeit entwertet wird und Gewerkschaften systematisch geschwächt werden. Präsident Lula, einst Hoffnung der Gewerkschaftsbewegung, setzt heute auf Schlichtung statt Bruch. Die "Uber-isierung" der Arbeit, informelle Jobs ohne Rechte und der Verlust gewerkschaftlicher Macht – es sollte uns eine Warnung sein.

Und die Kultur? Sie wird gekürzt, ausgedünnt, infrage gestellt. Dabei ist sie kein Luxusgut, sondern Lebenselixier. Ohne Theater, Museen, Musik und kritische Kunst verkümmert nicht nur die Fantasie, sondern auch die Demokratie. Ohne Kunst keine Kritik, ohne Kritik keine Demokratie. So einfach ist das. (Seite 15).

All diese Themen eint eine einfache Wahrheit: Wenn wir nicht laut sind, werden wir leise gemacht. Gerade deshalb wünschen wir euch für die kommende Zeit mehr als nur Ruhe: Zeit zum Durchatmen, Zeit zum Auftanken und liebe Menschen an eurer Seite. In diesem Sinn friedliche Feiertage und auf ein solidarisches neues Jahr.

Petra Welzel

Chefredakteurin der ver.di publik