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Klinikbeschäftigte und Zerbster Bevölkerung sammelten über 11.500 Unterschriften für den Klinikerhaltver.di

Mitte Oktober verkündete Helios überraschend die Schließung des Klinikums Zerbst in Sachsen-Anhalt. ver.di kämpft seitdem zusammen mit den Beschäftigten, der Zerbster Bevölkerung und ihrem Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) um den Erhalt des Krankenhauses. Nun kam dafür tatsächlich die Zusage des Ministerpräsidenten Rainer Haseloff (CDU). Nach der Landtagsdebatte am 13. November sagte er, dass die Klinik bestehen bleiben soll, ließ aber offen, wie genau der Standort erhalten werden soll.

ver.di begrüßt das klare Bekenntnis zum Erhalt des Klinikstandorts. "Die klare Botschaft des Ministerpräsidenten ist ein erster, aber entscheidender Schritt", so Bernd Becker, Landesfachbereichsleiter für den Bereich Gesundheit und Soziales. Beschäftigte und Bevölkerung würden nun einen verlässlichen Zukunftsplan erwarten. "Jetzt kommt es darauf an, einen tragfähigen Plan zu entwickeln, der medizinische Versorgung, gute Arbeitsbedingungen und wirtschaftliche Stabilität verbindet."

"Das sind großartige Neuigkeiten. Das lässt uns positiv in die Zukunft schauen", sagt Krankenschwester Steffi Schulze. Diese Entwicklung sei Ergebnis der Unterstützung der Bevölkerung und des Engagements des Zerbster Bürgermeisters, des Landrates und der Gewerkschaft ver.di. "Wir wollen uns für die super Unterstützung durch ver.di bedanken", sagt auch der Betriebsratsvorsitzende Yves Zelmanski. "Die Kollegen sind von dem Engagement von ver.di beeindruckt."

Klinik-Schließung stand bereits fest

Es war ein Schock für die rund 270 Beschäftigten vom Helios Klinikum Zerbst: Am 13. Oktober 2025 gab die Geschäftsleitung die Schließung des Krankenhauses bekannt. Noch wenige Tage zuvor hatten über 700 Menschen für dessen Erhalt demonstriert, denn es waren Gerüchte um eine mögliche Schließung bekannt geworden. Der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD), der zur Demo aufgerufen hatte, forderte die Klinikleitung mehrfach zu einer Stellungnahme auf. Die aber hüllte sich in Schweigen – bis sie dann die Bombe platzen ließ: Auf einer kurzfristig einberufenen Versammlung am 13. Oktober teilte man den Beschäftigten mit, was sie schon befürchtet hatten: Ihr Krankenhaus wird geschlossen, und zwar schon in wenigen Wochen, zum 19. Dezember 2025.

"Die Beschäftigten sind verängstigt, unsicher und völlig perplex", berichtete der Betriebsratsvorsitzende Zelmanski kurz nach der Bekanntgabe. Auch der Betriebsrat war nicht informiert. Die Beschäftigten "sind hochgradig verunsichert und werden von Helios im Unklaren gelassen", empörte sich Ulrike Lorenz. Die zuständige ver.di-Gewerkschafterin informierte auf einer Mitgliederversammlung die Beschäftigten und klärte sie über ihre Rechte auf. Sie kritisierte die fehlende Transparenz – bis heute gibt es keine offizielle Begründung für die Schließung.

Für Krankenschwester Steffi Schulze, seit 36 Jahren am Zerbster Klinikum, war die Nachricht ein Schlag. Genauso für ihre Kolleg*innen in der Anästhesie-Abteilung. "Das ist für alle schwer. Da ist kaum jemand in unserer Abteilung, der absolut frei ist und sich noch mal einfach so umorientieren kann", berichtete die 56-Jährige. Auch Krankenschwester Antje Bartels, seit 40 Jahren in der Klinik, war "erstmal in Schockstarre", wollte aber nicht kampflos aufgeben. Schon allein wegen der Bevölkerung. "Wenn die Grundversorgung hier wegfällt, ist das entsetzlich." Zerbst mit seinen vielen Ortsteilen brauche das Krankenhaus dringend, auch für Notfälle und Erstversorgung. "Diese Häuser der Grund- und Regelversorgung gehören in kommunale Hand", sagt Steffi Schulze. "Hier geht es nicht um Profit, sondern um Versorgung der Bevölkerung."

Gemeinsam für die Rettung

Um Druck für den Erhalt der Klinik zu machen – denn die Schließung gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die medizinische Versorgung im ländlichen Raum –, startete ver.di Mitte Oktober eine Unterschriftensammlung für einen Offenen Brief an Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD), Landrat Andy Grabner (CDU) und Bürgermeister Dittmann. Gefordert wird darin der Erhalt des Standorts im Krankenhausplan und die Sicherung der wohnortnahen Versorgung. "Eine wohnortnahe Versorgung ist ein Grundrecht", sagt Bernd Becker. Seit der Privatisierung hätten verschiedene Träger mit der Klinik Geld verdient, doch jetzt, wo eventuell die Rendite fehle, soll sie geschlossen werden. "Die Kernaufgabe eines Krankenhauses ist die Versorgung – und die muss bleiben", so Becker. "Das ist eine politische Entscheidung", betont Ulrike Lorenz. In nur wenigen Wochen sammelten Klinikbeschäftigte und Zerbster Bevölkerung über 11.500 Unterschriften. "Das zeigt, wie wichtig den Beschäftigten und Bürgerinnen und Bürgern ihr Klinikum ist", sagt Lorenz. "Es ist auch ein deutliches Zeichen an Helios, nun in konstruktive Verhandlungen mit dem Landkreis zu gehen, um einen Weiterbetrieb des Klinikums zu ermöglichen."

Tatsächlich arbeiteten der Landkreis Bitterfeld-Anhalt und die Stadt Zerbst in den vergangenen Wochen an einer Übernahme, einer Rekommunalisierung des Klinikums. "Wir werden alles unternehmen, das zu schaffen", sagte der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann am 5. November in der mdr-Sendung "Fakt ist!" Am 13. November kam dafür dann die Zusage des Ministerpräsidenten Haseloff. Allerdings wird man Abstriche machen müssen, um den Standort zukunftsfähig machen zu können.

"Wir werden diesen Prozess konstruktiv, aber kritisch im Sinne der Beschäftigten begleiten", sagt Bernd Becker. ver.di erwarte rasche und transparente Gespräche zwischen Land, Betreiber und allen relevanten Akteur*innen – mit dem Ziel, eine Lösung zu finden und die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten. Viel Zeit dafür hat Helios mit der kurzfristigen Ankündigung der Schließung leider nicht gelassen.