Dass die rechtsextreme NPD bekämpft werden muss, ist weitestgehend Konsens. Umstritten ist, ob dazu in Kralsruhe ein neuer Verbotsantrag gestellt werden soll


Pro: Verbot jezt!

WERNER PFENNIG ist Bundesvorsitzender der VVN / Bund der Antifaschistenfoto: Röttgers / Graffiti

Die NPD ist eine neofaschistische Partei in der Tradition der NSDAP. In ihrem Partei- und Aktionsprogramm spiegelt sich ihre aggressive Politik wider: Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Militarismus und Negierung der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs. Ihre Funktionäre transportieren diese Gesinnung in die demokratischen Gremien der Bundesrepublik, in die sie durch Wahlen gelangen konnten. Die NPD hat sich zum organisatorischen Kern des Neofaschismus in diesem Land entwickelt. Sie pflegt enge Beziehungen zu den gewaltbereiten "Kameradschaften", die in einigen Landstrichen Angst und Schrecken verbreiten.

Von entscheidender Bedeutung ist ihr Status als legale Partei. Sie nutzt das Geld und den Schutz des demokratischen Staates, um sich organisatorisch und finanziell zu stärken, ihre menschenverachtende Politik und Propaganda zu perfektionieren und zu verbreiten. Ein neues Verbotsverfahren, für das sich die Vereinigung der Verfolgten des Naziregims / BdA mit ihrer Kampagne "NPD-Verbot jetzt!" einsetzt, ist möglich. Darauf haben auch Richter des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen; denn das erste Verfahren scheiterte aus verfahrensrechtlichen, nicht aus inhaltlichen Gründen. Um zu beweisen, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist, bedarf es keiner V-Leute in ihren Gremien. Das zeigen ihre Publikationen, ihre Programme und nicht zuletzt das Auftreten ihrer Funktionäre zur Genüge.

Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der neofaschistischen Ideologie allein, die auch nach einem Verbot weiter zwingend ist, reicht jedoch nicht aus, sie wirksam zu bekämpfen. Erst ein Verbot dieser Partei wird konsequent verhindern, dass der Staat mit seinen Instrumentarien aufgrund der demokratischen Verfassung gezwungen ist, diese verfassungsfeindliche, undemokratische Partei zu schützen und zu fördern. www.npd-verbot-jetzt.de


Contra: Verbot nährt Illusionen

SABINE LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER ist stellv. Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktionf.: Argus

In der Geschichte der Bundesrepublik wurden lediglich zwei Parteienverbote ausgesprochen: 1952 gegen die Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Beide Verbote müssen vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund betrachtet werden. Seitdem hat es zwar mehrere Eröffnungsanträge für ein Parteienverbot beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegeben, aber aus guten Gründen wurden diese abgelehnt. Es ist einer pluralistischen Demokratie wesensfremd, andere Parteien zu verbieten - seien sie noch so menschenverachtend und widerlich. Entsprechend hoch sind die Hürden, die das Grundgesetz vorgibt.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 18. März 2003 das letzte NPD-Verbotsverfahren eingestellt. Solch ein Verfahren brauche ein Höchstmaß an Rechtssicherheit, Transparenz, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit, so das Gericht. Die Beobachtung einer Partei durch V-Leute auf Vorstandsebene unmittelbar vor und während der Durchführung eines Verbotsverfahrens sei unvereinbar mit den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren.

Bereits im Frühjahr 2001, als der Verbotsantrag im Bundestag debattiert wurde, hat die FDP-Bundestagsfraktion diesem Antrag nicht zugestimmt. Die Erfolgsaussichten eines solchen Antrages hielten wir schon damals für fraglich. Die Wirkungen eines NPD-Verbotsverfahrens halte ich nach wie vor für gefährlich. Ein NPD-Verbot nährt die Illusion, dass das Problem Rechtsextremismus auf einfache Weise gelöst werden kann. Rechtsextremismus ist aber ein zentrales gesellschaftliches Problem, weil in der Mitte der Gesellschaft fremdenfeindliche und rassistische Einstellungen wachsen. "Toleranz zeigt sich im Handeln" - wenn dieses Motto im gesellschaftlichen und politischen Miteinander mehr sichtbar würde, wäre dem Rechtsextremismus schneller der Nährboden entzogen, als sich mancher Befürworter eines NPD-Verbots heute vorstellen kann.