Ein Gespräch mit Peter Mario Kubsch, Geschäftsführer des Münchner Reiseveranstalters Studiosus, über die Wandlung der Studienreise

ver.di PUBLIK | Herr Kubsch, ihr Betrieb bezeichnet sich selbst als "Deutschlands größter Veranstalter für Studienreisen". Kommen besonders bildungsbeflissene Kunden zu Ihren Reisen?

Kubsch | Wir bezeichnen uns bewusst als Studienreise- und nicht als Bildungsreiseveranstalter. Die Bildungsreise vermittelt Bildung ausschließlich zu einem bestimmten Zweck. Wir sehen uns in der Tradition der alten "Grand Tour", im Sinne einer Reise nach Italien wie sie Goethe machte.

ver.di PUBLIK | Kann auch ein Nichtstudierter bei Studiosus mitfahren?

Kubsch | Selbstverständlich. Das Image ist längst hinfällig, dass die Studienreise nur etwas für Lehrer und Professoren ist. Unsere Kunden kommen aus allen Berufsschichten, aus allen Branchen. Vom Handwerksmeister bis zum Vorstandsvorsitzenden.

ver.di PUBLIK | Wie würden Sie ihre Kunden charakterisieren?

Kubsch | Sie sind weltoffen, neugierig und tolerant.

ver.di PUBLIK | Und wie ist die Altersstruktur ihrer Kunden?

Kubsch | Mittlerweile sprechen wir mit unseren Reisen unterschiedliche Zielgruppen an. Das fängt an bei einer Young Line, das sind Reisen für 18- bis 30-Jährige. Wir haben heute auch Familienstudienreisen. Und spezielle Angebote für eine ältere Klientel, wo noch mehr Service geboten wird. Ich würde sagen: Zwischen 25 bis 65 Jahren ist die eine Hälfte und über 65 Jahre die andere Hälfte unserer Kunden.

ver.di PUBLIK | Hat sich die Studienreise in den letzten Jahren verändert?

Kubsch | In den letzten zehn, zwanzig Jahre hat sich sehr viel verändert. Die Studienreise hatte immer das Image, Trümmertourismus zu sein, sich ausschließlich mit den Zeugnissen der Vergangenheit zu beschäftigen, wo man Kulturdenkmäler besichtigt und sich diese erklären lässt. Ende der siebziger Jahre sind dann andere Inhalte wichtig geworden.

ver.di PUBLIK | Welche denn?

Kubsch | Vor allem die intensive Beschäftigung mit Land und Leuten, wie es immer so platt heißt. Das Erleben anderer Lebensweisen. Da treten tagesaktuelle Ereignisse, soziale Verhältnisse, die Entwicklung der Länder, der Brückenschlag zum eigenen Land in den Vordergrund des Interesses.

ver.di PUBLIK | Wie sind Ihre Studienreisen gestrickt?

Kubsch | Wir sprechen von vier Elementen: Das moderne Leben, das Thema Kultur und Sehenswürdigkeiten, Erholung und das vierte Element ist das Thema Verantwortung. Das Stichwort nachhaltiges Reisen spielt hier eine Rolle.

ver.di PUBLIK | Wie sieht das aus?

Kubsch | Das fängt bei der Verkehrsplanung und der Auswahl der Verkehrsmittel an. Es geht weiter bei den Leistungspartnern, beispielsweise bei Hoteliers, wo wir auf möglichst ökologische Betriebsführung achten. Unseren Gästen empfehlen wir, sich möglichst umweltschonend zu verhalten. Wir schulen Reiseleiter in diesem Sinn, und wir fördern soziale Projekte in den Gastgeberländern. Wir gestalten Begegnungen mit Politikern, Künstlern, Bauern vor Ort. Wir versuchen, einen Dialog in Gang zu setzen.

ver.di PUBLIK | Hat Studiosus die Welt für sich erschlossen?

Kubsch | Wir bereisen mittlerweile über 140 Länder weltweit. Alles, was von der touristischen Infrastruktur für unsere Reisen geeignet ist, vor allem auch aus Sicherheitserwägungen, haben wir im Angebot. Da gibt es keine großen, weißen Flecken mehr. Ich wünsche mir nur, dass man irgendwann auch wieder eine Reise nach Afghanistan und in den Irak anbieten kann.

Interview: EDITH KRESTA