Die Ansprüche an die Beschäftigten in den Kinderkrippen werden immer höher - das spiegelt sich jedoch nicht in Anerkennung und Gehalt wider

Die Erzieherinnen Petra Nixdorf, Elke Frohn und Christine Zink (von links)

VON HEINRICH BIRNER

"Eigentlich müssten wir für unsere Arbeit auf Händen getragen werden, manchmal fühlen wir uns aber mit Füßen getreten", sagt Petra Nixdorf (55) und beschreibt damit die Stimmung unter den Erzieherinnen und Erziehern in München. Die Ansprüche an die Beschäftigten in den Kinderkrippen würden immer höher, die Anerkennung aber bleibe auf der Strecke. Und: "Für unsere verantwortungsvolle Arbeit werden wir relativ schlecht bezahlt."

Petra Nixdorf freut sich deshalb, dass Münchens Erzieherinnen und Erzieher nun aktiv werden, um ihre Interessen zu wahren. Während der Tarifrunde in diesem Frühjahr wurden viele von ihnen politisiert. Sie haben zwei Mal einen Tag lang gestreikt und dafür viel Zuspruch auch von den Eltern erhalten. Diese und eine der nächsten München-Seiten der ver.di PUBLIK befasst sich ausführlich mit dem gewachsenen Selbstbewusstsein im Erziehungssektor.

Zunächst zu den Kinderkrippen: In den rund fünfzig städtischen Krippen werden Kleinkinder ab neun Wochen aufgenommen. Die ältesten Kinder sind drei Jahre jung.

Die Emotionen gehen hoch bei den dort Beschäftigten, wenn das Thema leistungsorientierte Bezahlung zur Sprache kommt. Für die Beschäftigten in Kinderbetreuungs-Einrichtungen sei die Arbeit im Team lebenswichtig, sagt die Erzieherin Elke Frohn (51). Leistungsprämien für einzelne Beschäftigte lehnte sie ab, weil dadurch die Teams gespalten würden. Außerdem kritisiert sie "den Aufwand, die Kosten für die Schulung durch eine externe Firma und die Arbeitszeit, die das ganze Verfahren kostet".

Elke Frohn betrachtet die Arbeit mit den Eltern als ebenso bedeutsam wie die Arbeit mit den Kindern: "Die Eltern vertrauen uns das Wertvollste an, was sie haben." In der Eingewöhnungsphase könnten daher die Kinder manchmal leichter loslassen. Bei den Eltern flössen dagegen schon mal die Tränen, wenn sie ihr Kind zum ersten Mal in fremde Hände geben. "Das erleben wir nicht nur bei Müttern, sondern zunehmend auch bei Vätern. Deshalb gehört zu unserer Arbeit auch das Eingewöhnen der Eltern."

Bildung im Vordergrund

Ein Teil der Kinder in den Krippen wird dank des so genannten Hilfeplanverfahrens vor einer Einweisung in ein Heim bewahrt. Die Eltern dieser Kinder sind beispielsweise tabletten- oder alkoholabhängig, körperlich oder psychisch erkrankt. "Unser Auftrag ist es, dafür zu sorgen, dass das betroffene Kind nicht in den Brunnen fällt", sagt Erzieherin Christine Zink (37). "In diesen Fällen müssen wir ein sehr enges, sehr vertrauliches und sehr persönliches Verhältnis zu den Eltern aufbauen." Die Beschäftigten in den Kinderkrippen leisten damit neben der Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern auch sozial präventive Arbeit. Häufig werden sie in den Stadtteilen zu Seismographen für sozial brenzlige Entwicklungen.

Voller Stolz berichtet Christine Zink, dass die Kinder in den Münchner Kinderkrippen mit täglich frisch zubereitetem Essen versorgt werden. 90 Prozent der Zutaten seien Bioprodukte. "Jede Krippe hat ihre eigene Köchin, die voll in die Einrichtung integriert ist." Diesen Standard wollen die Erzieherinnen auf jeden Fall erhalten.

Petra Nixdorf erinnert sich noch an die Zeiten, als in den Kinderkrippen die Pflege und die Hygiene der Kleinkinder im Vordergrund standen. Dementsprechend waren die Beschäftigten ausgebildete Kinderkrankenschwestern oder Kinderpflegerinnen. Doch bereits Anfang der achtziger Jahre gewannen Pädagogik und Bildung sowie die intensive partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern immer mehr an Bedeutung. Seitdem werden in den Krippen Erzieherinnen mit fünfjähriger Ausbildung beschäftigt. "Unsere Arbeit ist nicht nur ein Job, sondern eine Berufung. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass die Erzieher/innen nun für ihre Anerkennung kämpfen."