Susanne Stumpenhusen ist Leiterin des ver.di Landesbezirks Berlin- Brandenburg

ver.di PUBLIK | Seit Dagmar Reim, die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb), im Mai das Ende für "radiomultikulti" verkündete, gab es immer wieder Protest dagegen. Auch die dju und ver.di Berlin-Brandenburg forderten Frau Reim auf, ihre Entscheidung zurückzunehmen. Aber der rbb-Rundfunkrat hat dann einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der radiomultikulti gar nicht mehr vorkommt. Du bist die ver.di-Vertreterin in diesem Kontroll-Gremium. Warum hast du der Resolution trotzdem zugestimmt?

Susanne Stumpenhusen | Der Beschlussfassung ging eine mehrstündige Diskussion voraus, in der ich und mehrere weitere Mitglieder des Rundfunkrates ihre Kritik an der beabsichtigten Einstellung von radiomultikulti und ihr Unverständnis über die Vorgehensweise der Geschäftsleitung deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Allerdings hatten wir erkennbar keine Mehrheit. Zur Debatte stand dann eine von der Vorsitzenden vorbereitete Resolution in dem Tenor, dass die Maßnahme "besonders schmerzhaft", aber unvermeidbar sei. Eine derartige Beschlussfassung wollte ich auf jeden Fall verhindern!

Ein klares Votum gegen die Schließung, und wenn das nicht zu Stande kommt, gar kein Kommentar, das war meine Überlegung. Deshalb habe ich alle Passagen zur Streichung vorgeschlagen, die mit Krokodilstränen die Akzeptanz des vermeintlich Unabwendbaren beschworen. Übrig blieb die Forderung nach einer gerechteren Gebührenverteilung, wie sie insbesondere für die ostdeutschen Länder mit ihren hohen Gebührenausfällen notwendig wäre.

ver.di PUBLIK | Siehst du noch andere Möglichkeiten, die Entscheidung zu beeinflussen? Kann ver.di ihr Gewicht noch für die freien Mitarbeiter, die jetzt vor existenziellen Problemen stehen, in die Waagschale werfen?

Stumpenhusen | Das Thema ist keinesfalls von der Tagesordnung! Gleich in der nächsten Sitzung Anfang Juli habe ich die Intendantin gefragt, ob die aktuelle Diskussion mit den Ministerpräsidenten um das Thema Gebührenverteilung nicht zumindest ein Moratorium ihrer Entscheidung zu radiomultikulti rechtfertigen würde. Und ich werde da auch nicht nachlassen. Als Mitglied des Rundfunkrates kann ich das Thema in die Öffentlichkeit treiben, arbeitsrechtlich werden die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbstverständlich von ver.di vertreten.

ver.di PUBLIK | Welche Möglichkeiten hat ver.di jetzt noch, sich in die Diskussion um die Gebührenverteilung bei der ARD einzumischen?

Stumpenhusen | Wir nutzen alle Möglichkeiten, auf den Zusammenhang von Gebührenerhebung und -verteilung und dem Recht auf ein umfassendes öffentlich-rechtliches Rundfunkangebot hinzuweisen. ver.di Berlin-Brandenburg hat über den DGB Berlin-Brandenburg die Ministerpräsidenten aufgefordert, den ARD-Finanzausgleichsrahmen wieder zu erhöhen und die Gebührenbefreiungen so zu regeln, dass sie nicht länger zu Lasten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfolgen.