Heike Langenberg ist Redakteurin von ver.di PUBLIK

Über die Gründe von Armut in Deutschland wird viel geredet. Zu den so genannten Risikofaktoren für Armut zählt es, Kinder zu haben oder alleinerziehend zu sein, Teilzeit zu arbeiten oder viele Arbeitsunterbrechungen im Lebenslauf zu haben. Ein Schutz vor Armut scheint es zu sein, in einer Partnerschaft zu leben. Der Grund: die gegenseitige Einstandspflicht.

Sie verschleiert die Realität. Ein Haushaltseinkommen mag sich in einer Statistik noch ganz ansehnlich lesen. Es macht aber nicht augenfällig, dass ein Partner deutlich mehr verdient - und das ist meist der Mann. Leben Kinder in einer Beziehung, führt das häufig dazu, dass ein Elternteil Teilzeit arbeiten oder gar die Arbeit für eine gewisse Zeit unterbrechen muss. Dann stecken oft die Frauen zurück. Mit allen Folgen, die das für ihren aktuellen Verdienst, aber auch für ihre Altersvorsorge hat.

Von einer eigenständigen Existenzsicherung sind viele Frauen heute immer noch weit entfernt. In Politik und Wirtschaft herrscht das Denken der gegenseitigen Einstandspflicht vor. Die Liste mit Beispielen ist lang: Haushalte, in denen Hartz-IV-Empfänger leben, werden zu Bedarfsgemeinschaften. Das Ehegattensplitting fördert die Einverdiener-Ehe. Und bei Entlassungen entscheiden Arbeitgeber noch immer gerne danach, ob die Frau denn "versorgt" ist.

Verdrängt wird jedoch, dass das Ernährermodell längst nicht mehr trägt. Beziehungen scheitern, jede dritte Ehe wird geschieden. Männer sind zunehmend von ähnlichen Arbeitsmarktrisiken betroffen wie Frauen, von prekären Beschäftigungsverhältnissen oder befristeter Arbeit. Die beste Existenz- und damit auch Alterssicherung für Frauen ist ein gut bezahlter Beruf. Daran kommen die Politikerinnen und Politiker nicht länger vorbei. Sie müssen die Bedingungen dafür schaffen. Ansonsten verschließen sie weiterhin ihre Augen fest vor der Realität.