Himmelsthür geöffnet arbeitsrecht

Die evangelische Kirche bewegt sich zum Segen ihrer Mitarbeiter

Während die Mehrzahl der kirchlichen Arbeitgeber bisher Tarifverträge verweigert, konnte ver.di in Niedersachsen einen ersten Tarifvertrag mit dem evangelischen Krankenhaus Oldenburg durchsetzen. Und auch in Hildesheim verbuchte ver.di einen Erfolg: In Himmelsthür öffnen sich die Pforten für die Beschäftigten schon auf Erden. Bei der Diakonie Himmelsthür wird nun die einzelvertragliche Anwendung des Tarifs für den öffentlichen Dienst in Betreuungseinrichtungen durch eine tarifvertragliche Regelung ersetzt.

In einer Beschäftigten-Befragung hatten sich im Herbst 2011 über 97 Prozent für einen Tarifvertrag ausgesprochen. Der beinhaltet Bestimmungen über Jahressonderzahlungen, Arbeitszeit, Leistungsentgelt und Ergebnisbeteiligungen. Zudem bietet der Vertrag zusätzliche Rechtssicherheit. Die Tarifpartner bejahen die Zuordnung von Himmelsthür zur Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und ihrem Diakonischen Werk. Sie betrachten den neuen Tarifvertrag als Gestaltungsform des kirchlichen Arbeitsrechts und einen weiteren Schritt zur Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst. Doch Oldenburg und Hildesheim sind bisher die Ausnahmen. Bei einer Tagung in Hannover kritisierte ver.di-Fachbereichsleiter Achim Lüddecke: "Der Wettbewerb in der Pflege- und Sozialbranche wird derzeit auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen." ver.di strebt einen Branchentarifvertrag "Soziales" für ganz Niedersachsen an.

"Die letzten Verhandlungen in der arbeitsrechtlichen Kommission haben gezeigt, dass wir alleine mit Protesten in der Mittagspause keinen Einfluss auf die Entscheidungen nehmen können. Die Arbeitgeber haben faktisch Absenkungen gefordert. Was wir brauchen, ist ein Machtinstrument wie das Streikrecht", bekräftigte Beate Hochhut von der Mitarbeitervertretung des Annastifts in Hannover. Dort hatten im Herbst in den Diakonischen Diensten rund 600 Kolleg/innen gestreikt. "Unsere Arbeitgeber haben vieles von den Privaten übernommen," so Hochhut. Dazu zählten befristete Arbeitsverhältnisse, Teilzeitarbeit mit hoher Flexibilität, Arbeitsverdichtung durch Personalabbau, Leiharbeit und Abbau sozialer Standards.