Madsack bietet erstmals Verhandlungen an

Kampf um Haustarifvertrag - Als einer der längsten Streiks in der ver.di-Geschichte wird wohl der Streik des Kunden Service Centers (KSC) der Mediengruppe Madsack in Hannover eingehen. Bei Redaktionsschluss hatten es die Beschäftigten auf 82 Streiktage für einen Haustarifvertrag gebracht. Die Servicekräfte konnten sich zwar in der Öffentlichkeit durch zahlreiche Aktionen Gehör verschaffen, bei der Geschäftsführung stießen sie jedoch lange auf taube Ohren. Jetzt wurde ihnen ein erster Verhandlungstermin angeboten.

Zuvor schaltete die KSC-Geschäftsführung auf stur und vergab einen medialen Maulkorb für die Madsack-Medien. Keine Zeitung der Gruppe zwischen Kiel, Rostock, Hannover und dem südhessischen Gelnhausen berichtete über den Streik. "Wir haben es hier mit einem Medienmonopol zu tun, bei dem auch die Redakteure mit der Schere im Kopf arbeiten müssen und es niemand wagt, über interne Madsack-Probleme zu berichten", sagte der für den Druck- und Medienbereich zuständige ver.di-Fachbereichsleiter Lutz Kokemüller.


Gehälter seit 13 Jahren eingefroren

Seit ver.di im März 2013 mit dem Wunsch nach Tarifverhandlungen an die Geschäftsleitung herangetreten ist, haben zumindest sehr langjährige Mitarbeiter/innen eine zehnprozentige, frei verhandelte Erhöhung ihres Lohnes erhalten, berichtete Kokemüller. Die Erhöhung bekamen aber nur wenige der insgesamt 80 Beschäftigten. Seit Gründung des KSC vor 13 Jahren haben sich die Gehälter bei der Madsack-Tochter nicht mehr verändert. Wegen der Arbeitsbelastung und dem stagnierenden Gehalt ist laut Kokemüller die Fluktuation hoch.

Die KSC-Beschäftigten kehrten nach ihrer flexiblen Streiktaktik immer wieder an ihre Arbeitsplätze zurück. Durch viele Aktionen in Fußgängerzonen, bei Mahnwachen und Solidaritätsbekundungen sowie durch Unterschriftenlisten, die von rund 10.000 Menschen unterschrieben wurden, sind die Beschäftigten eng zusammengerückt. Mitarbeiter/innen aus Hannover fuhren nach Marburg zur Madsack-Tochter Oberhessische Post, zum Göttinger Tageblatt und zur Hildesheimer Zeitung. Man besuchte Hannovers Oberbürgermeister und Abgeordnete des Niedersächsischen Landtags. Auch beim bundesweiten Aktionstag der Journalisten in Hannover machten sie mit und wiederholten ihre Forderung nach einem Haustarif. Bis zur Verhandlung am 29. Januar wurde der Streik ausgesetzt.


Tarifrunde bei den Redakteuren

Auf Arbeitsplatzabbau setzt die Mediengruppe Madsack unterdessen mit dem Programm "M 2018", das vor allem in der Druckerei und in den Redaktionen zu noch härteren Personaleinschnitten führt. Die für alle Sparten angestrebte Zentralisierung bis 2018 soll Kosten von jährlich rund 44 Millionen Euro sparen. So hat der Konzern inzwischen 33 Stellen für eine Zentralredaktion mit dem Titel "Redaktions-Network-Deutschland" ausgeschrieben, für die rund 100 Bewerbungen vorliegen sollen. "Alle 18 eigenen Zeitungstitel sollen mit News von Hannover aus versorgt werden", sagt Lutz Kokemöller von ver.di. Doch das sei sicher nur ein erster Schritt.

Nachrichten-, aber auch Lokalredakteure würden mit Altersteilzeitangeboten ab 52 unter Druck gesetzt: Je weniger diese Angebote annehmen würden, umso mehr betriebsbedingte Kündigungen werde es geben. Gegen das "Kaputtsparen der Zeitungen" demonstrierten in Hannover im Rahmen der Tarifverhandlungen zahlreiche Journalisten aus Niedersachsen und Ostwestfalen-Lippe. "Tarifflucht und Arbeitsplatzabbau sind kein Zukunftskonzept", mahnte ver.di-Vize Frank Werneke.