Petra Welzel ist Redakteurin der ver.di publik

Eine Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes verlaufen in den allermeisten Fällen normal. Ohne Komplikationen, ohne bleibende Schäden. Das muss vorausgeschickt werden, wenn man kritisiert, dass vom Sommer 2015 an kein Versicherer mehr bereit ist, das Berufsrisiko von frei praktizierenden Hebammen mit einer Haftpflichtpolice abzusichern, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Für die Hebammen hieße das: Berufsverbot.

Wie immer geht es ums Geld. Die Zahl der Schäden ist zwar nicht gestiegen, sie bewegt sich seit Jahren um die 100 Fälle im Jahr - bei insgesamt rund 700.000 Geburten. Doch fallen die einzelnen Schadenersatzzahlungen heute höher aus als früher. In die Deckung eines Geburtsschadens fließen inzwischen auch Verdienstausfälle und Rentenansprüche eines Kindes ein, die es als gesunder Mensch wahrscheinlich erreichen könnte. Bis zu sechs Millionen Euro können da fällig werden. Und die Klagebereitschaft ist gestiegen. Nicht unbedingt bei den Eltern, aber durchaus bei den Krankenkassen, die die Behandlungskosten geschädigter Kinder wieder hereinholen wollen.

Dass aber diejenigen, die seit Menschengedenken die Kinder holen, dafür mit einem Aus ihres Berufsstandes bedroht werden, kommt dem Bild gleich, wo "das Kind mit dem Bade" ausgeschüttet wird. Das Risiko, bei einer stressfreien, sanften Hausgeburt oder bei einer Geburt in einem technisch voll ausgerüsteten Kreißsaal einer Klinik einen Geburtsschaden davonzutragen, ist statistisch gesehen nämlich gleich. Deshalb ist auch die Haltung der Versicherer wenig hilfreich. Sie werden ja auch bei Klinikgeburten zur Kasse gebeten.

Entscheidend ist, dass werdende Mütter weiterhin entscheiden können, wie, wo und mit wessen Unterstützung sie ihre Kinder zur Welt bringen wollen. Das Restrisiko kann ihnen sowieso niemand abnehmen. Aber der Staat oder die Solidargemeinschaft der Versicherten sollten wenigstens für die materiellen Kosten einstehen. Bevor die Hebammen aussterben.