Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle

Ein Grund zum Feiern: 40 Jahre Gewerkschaftsarbeit für Akzeptanz und Gleichstellung

Hoch auf dem bunten Wagen: Gewerkschafter/innen beim Christopher Street Day in Berlin

Selbstbewusst tanzen Gewerkschafter/innen des Arbeitskreises Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LSBT) in ver.di auf dem Christopher Street Day in Berlin. Auf dem gemeinsamen Wagen des DGB und der DGB-Einzelgewerkschaften verbinden sie den bunten und lauten Tag mit der politischen Forderung nach "Akzeptanz der sexuellen Vielfalt in Schule, Ausbildung und Beruf", wie auf ihrem Transparent zu lesen ist. Schon seit 40 Jahren sind Lesben, Schwule und Transgender für ihre Gleichstellung in Berufsleben und Gesellschaft innerhalb der Gewerkschaften aktiv.

Beschäftigungsverbot in Kirchen - immer noch

Im Jahr 1974 schrieben die ersten Schwulen und Lesben Leserbriefe gegen Diskriminierung und Berufsverbote im Schuldienst und bei öffentlichen Arbeitgebern. Der Gewerkschafter Detlef Mücke erinnert sich in der DGB-Zeitung Queer an eine Pfingstdemo der "Homosexuellen Aktion West-Berlin" im Jahr 1973: "Dort waren wir rund 20 schwule Lehrer - aber versteckt unter einer weißen Kapuze, weil wir Angst hatten, erkannt zu werden."

Seitdem haben sie viel erreicht. An den Schulen ist die Akzeptanz gestiegen. Doch bei den kirchlichen Arbeitgebern haben Schwule und Lesben noch immer einen schweren Stand, obwohl im Jahr 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erlassen wurde. Danach darf niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Bis heute berufen sich soziale Einrichtungen kirchlicher Träger jedoch auf ihren konfessionellen Sonderstatus und verweigern die Anwendung des Gesetzes. "Noch heute gibt es quasi ein Beschäftigungsverbot für in Partnerschaften lebende Lesben und Schwule bei krichlichen Trägern", sagt Carsten Bock, der Sprecher des ver.di-Arbeitskreises LSBT. "Wir hatten erst kürzlich den Fall einer lesbischen Kindergartenleiterin, die für eine Einrichtung der katholischen Kirche arbeitete und entlassen wurde, nachdem der Arbeitgeber erfahren hatte, dass sie mit einer Partnerin lebt."

Fundamentale Gegner - bis heute

Auch heute noch gibt es einen harten Kern von Gegnern. Erst vor wenigen Monaten wandten sich fundamentale Christen mit einer Online-Petition gegen den neuen Lehrplan des Bundeslandes Baden-Württemberg. Sie wollen verhindern, dass homo-, trans- oder intersexuelle Lebenswelten auch in Schulbücher Einzug halten und im Unterricht diskutiert werden.

Erst vor 20 Jahren wurde der Paragraph 175 in der Bundesrepublik endgültig abgeschafft. Dem Gesetz aus der Kaiserzeit, das die Nationalsozialisten noch verschärften, und das auch in der Bundesrepublik weiter in dieser Form gültig war, fielen viele zum Opfer. "Mehr als 50.000 Männer wurden noch nach 1949 verurteilt und sind bis heute nicht rehabilitiert", sagt Susanne Stumpenhusen, Leiterin des ver.di-Landesbezirks Berlin-Brandenburg und dort für den ver.di-Arbeitskreis LSBT zuständig. "Eine Schande" sei das, fügt sie hinzu.

In den vergangenen Jahren hätten sich die Fragen, mit denen sich der ver.di-Bundesarbeitskreis beschäftigt, teilweise geändert, sagt Carsten Bock. Ein großes Thema sei inzwischen, das Antidiskriminierungsgesetz auch in den Tarifverträgen umzusetzen.

Eingetragene Lebenspartnerschaften, die in Deutschland seit 2001 möglich sind, müssten dieselben Rechte erhalten, die sich für Hetero-Paare aus einer Ehe ergeben. "Dazu zählt zum Beispiel die Hinterbliebenenversorgung", sagt Carsten Bock. Noch immer seien die Rechte der Lebenspartnerschaften nicht in allen Tarifverträgen gleichgestellt.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Anfragen an den ver.di-Arbeitskreis gestiegen, die sich mit Transsexualität beschäftigen. Menschen, die im falschen Körper geboren wurden und ihr Geschlecht anpassen lassen, kämpfen häufig gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Bis die Umwandlung des Geschlechts auch bürokratisch erfolgt, zum Beispiel in den Ausweispapieren, ist es ein langer Weg. Für die Betroffenen bedeutet das beispielsweise, dass sie in den Ausweisen noch weiter mit ihrem "alten", längst abgelegten Vornamen leben müssen.

Doch einige Arbeitgeber begleiten die Betroffenen auch und helfen ihnen durch unkomplizierte Regeln. "So ist mir ein Fall bekannt, in dem der Vorname vom Arbeitgeber auf der Visitenkarte einfach mit dem ersten Buchstaben abgekürzt wurde", sagt Susanne Stumpenhusen. Dadurch muss sich der Betroffene nicht mehr mit seinem früheren, weiblichen Vornamen im Außendienst zu erkennen geben.

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Forderungen des ver.di-Arbeitskreises LSBT

Die Gleichheitsrechte in Artikel 3 des Grundgesetzes müssen um das Merkmal "sexuelle Identität" ergänzt werden. In das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gehört auch der Diskriminierungsschutz wegen chronischer Erkrankungen, zum Beispiel bei HIV-Infektionen.

Das Kirchensonderrecht bei arbeitsrechtlichen Kündigungen in sozialen konfessionellen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Kindergärten muss abgeschafft werden.

Die Initiative Sexuelle Vielfalt in Berlin soll weiterentwickelt und finanziell nachhaltig abgesichert werden, um einen selbstverständlichen, akzeptierenden Umgang mit homo- und transsexuellen Menschen zu erreichen. Auch homosexuelle Paare müssen das Adoptionsrecht erhalten und lesbische Paare das Recht auf künstliche Befruchtung.