Marion Lühring ist Redakteurin bei ver.di publik

Seit Jahren kritisieren Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Verbraucher- und Umweltverbände, dass die EU-Kommission mit der US-Regierung im Geheimen über das Freihandelsabkommen TTIP verhandelt, sie fordern Transparenz. Im nunmehr stillsten Kämmerlein der Nation, dem neuen Leseraum des Bundeswirtschaftsministeriums, können Abgeordnete jetzt Akteneinsicht bekommen, anstatt wie bisher nach Brüssel fahren zu müssen. Allerdings müssen sie zuvor ihr Handy abgeben, dürfen nichts fotografieren und auch keine Textpassagen abschreiben. Sie dürfen nur gucken, Stichworte notieren und sind ansonsten zum Schweigen verdammt.

Wenn sie den Raum verlassen, dürfen sie mit keinem über die Inhalte sprechen und sich folglich auch nicht mit Experten beraten. Nicht einmal darüber, ob sie das Gelesene richtig verstanden haben, denn die Dokumente sind nicht aus dem Englischen übersetzt. Die Abgeordneten dürfen sich nur ihre eigenen Gedanken machen, ganz im Stillen. Für den Bundestag oder etwa Wahlveranstaltungen wurde ihnen ein Maulkorb verpasst - dort wo sie eigentlich debattieren und die Menschen über das Freihandelsabkommen informieren sollten.

In der Summe erspart der Leseraum den Abgeordneten ein paar Stunden Zeit und Reisekosten. Doch was sie über das TTIP-Abkommen erfahren, bleibt geheim. Die Bürgerinnen und Bürger bekommen wieder nicht die geforderte Transparenz. Die aber ist dringend nötig, denn es steht sehr viel auf dem Spiel: Umweltstandards, Arbeitsrechte, soziale Errungenschaften. Wie schnell beispielsweise Arbeitsrechte wie das Recht auf Krankenversicherung oder bezahlten Urlaub nicht mehr in den Verträgen steht, zeigt ein anderes Abkommen, CETA (Bericht auf Seite 3). Einer Demokratie ist diese Geheimniskrämerei jedenfalls nicht würdig.