Einmal im Jahr werden die Regelsätze für die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II angepasst. Das betrifft nicht nur rund 6 Millionen Langzeitarbeitslose und deren Angehörige sowie Aufstocker/innen. Von diesen Sätzen hängt auch die Höhe der Zahlungen von Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und der Kriegsopferfürsorge ab. Damit sind insgesamt rund 7,5 Millionen Menschen von dieser Entscheidung abhängig.

Ab Januar kommenden Jahres bekommen alleinstehende Empfänger/innen von Arbeitslosengeld II 409 Euro im Monat und damit ganze fünf Euro mehr (weitere Erhöhungen siehe Tabelle). Das sind 17 Cent pro Tag, hat Ulla Pingel, die Sprecherin des Bundeserwerbslosenausschusses von ver.di, ausgerechnet. "Selbst für den Kauf eines Apfels reicht das nicht. Damit werden Erwerbslose weiter aus dem gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt." Für sie ist schon die Berechnungsgrundlage des Regelsatzes nicht gerecht, weil hier Kosten für Mobilität, Vereinsbeiträge oder Zahnhygiene einfach nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Weihnachten müsse daher wohl in vielen betroffenen Haushalten ausfallen, denn auch die Kosten für einen Tannenbaum seien nicht mit eingerechnet. Dabei hatte die Bundesregierung angekündigt, das Verfahren zur Regelbedarfsermittlung zu überarbeiten. Allerdings weicht es nur in zwei Ausnahmen von dem Verfahren ab, das die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung 2011 verwendet hat.

Wieviel ist nötig?

Basis ist die Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS). Berücksichtigt werden allerdings ausschließlich die Ausgaben von Haushalten am unteren Ende der Einkommensverteilung. Sie lassen nur Rückschlüsse darauf zu, wieviel Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten für Bereiche wie Ernährung oder Freizeit ausgeben können - aber nicht, wieviel nötig wäre.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnet es in einer Stellungnahme als nicht zulässig, "ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass diese Ausgaben bedarfsdeckend sind und in der Summe das Existenzminimum darstellen". Die verwendeten Daten hält der DGB für "unreflektiert". Daher hätten sie nur eine "eingeschränkte Aussagekraft". Er fordert, die verdeckten Armen und Haushalte mit einem Erwerbseinkommen knapp über Grundsicherungsniveau aus der Vergleichsgruppe auszuschließen. Ansonsten sei die Gefahr von Zirkelschlüssen zu groß. "Trotz der angeblichen von der Bundesregierung versprochenen grundlegenden Neuermittlung werden die Regelsätze im Arbeitslosengeld II weiter künstlich klein gerechnet", kritisiert auch Pingel.

In seiner Stellungnahme weist der DGB auch darauf hin, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Sommer 2014 immer noch nur unzureichend umgesetzt werden. Er spricht sich dafür aus, eine Sachverständigenkommission einzusetzen, die dem Gesetzgeber Vorschläge für armutsfeste und bedarfs- deckende Regelbedarfe macht. Da diese Arbeit Zeit braucht, sollten vorher die Regelbedarfe als Sofortmaßnahme um eine Art "Abschlagszahlung" erhöht werden. hla