Arbeiten rund um die Uhr, keine Zuschläge für langjährig Beschäftigte und lediglich Mindestlohn für Pflegehelfer/innen - so sieht die Arbeitsrealität in den zwei Pflegeheimen von ProSeniore in Cottbus aus. Seit Mitte 2015 hatten Betriebsrat und ver.di vergeblich versucht, mit dem Arbeitgeber menschenwürdige Entlohnungsbedingungen zu vereinbaren. Nun zogen sie die Reißleine: Streik!

Am 7. Februar hatten die rund 100 Beschäftigten in den beiden ProSeniore-Unternehmen Residenz Cottbus gGmbH und Residenz am Wasserturm gGmbH in T-Shirts mit der Aufschrift "Wir sind mehr wert. Jetzt Tarifvertrag!"auf sich aufmerksam gemacht und bei aktiven Pausen ihre Forderungen unterstrichen. Als der Arbeitgeber nicht einlenkte, folgten am 17. Februar vier Stunden Warnstreik. Die Beschäftigten zogen zum Cottbuser Fontaneplatz und sorgten dort für Aufsehen.

Arbeit mit Menschen ist mehr wert

"Unsere Geduld ist am Ende", sagt die Betriebsratsvorsitzende Doreen Rotter. Die 44-jährige Physiotherapeutin arbeitet seit 17 Jahren bei ProSeniore in Cottbus. Sie begründet, warum die Belegschaft sauer ist: Wer hier seit vielen Jahren arbeite, bekomme keinen Cent mehr als neu Eingestellte, die Pflegehelfer/innen kriegten gerade mal Mindestlohn. "Wenn ein Feiertag auf einen Wochentag fällt, hat man Pech gehabt - wer dann nicht arbeitet, gerät ins Stundenminus. Wir finden: Arbeit mit Menschen ist mehr wert!" Diese Wertschätzung fordern die Beschäftigten der Pflegeheime nun ein. Fast die Hälfte hat schon den richtigen Schluss gezogen und ist Mitglied bei ver.di geworden. Täglich kommen Kolleg/innen hinzu. "Der Zusammenhalt ist toll! Wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass wir gerecht behandelt und entlohnt werden", sagt Doreen Rotter. "Dabei unterstützt uns Ralf Franke von ver.di."

1,5 Prozent mehr hat ProSeniore bislang angeboten. Das klingt wie Hohn für die Beschäftigten. "Wir fordern einen vergleichbaren Tarifvertrag, wie er etwa mit der Seniorenzentrum Albert Schweitzer gGmbH im Landkreis Elbe-Elster seit über einem Jahr gilt", so ver.di-Verhandlungsführer Franke. "Dort erhalten die Beschäftigten zwischen acht und 38 Prozent mehr als bei ProSeniore in Cottbus." Die Arbeitskräftesituation in der Region sei angespannt. "Wer nicht anständig zahlt und gute Rahmenbedingungen schafft, wird keine guten Leute mehr bekommen." 2016 waren in sechs Einrichtungen in der Region die Entgelte um bis zu 30 Prozent angehoben worden - das sorgt für Druck bei ProSeniore. Am 14. März wird wieder verhandelt. Die Beschäftigten wollen nicht mehr ewig warten, bis ihre Arbeit angemessen geschätzt wird. Sie wollen streiken, wenn der Arbeitgeber kein gutes Angebot macht. Gundula Lasch

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