Neben fünf Prozent mehr Lohn fordert ver.di für die Postbank-Beschäftigten Kündigungsschutz bis 2022

Anfang April starten die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Postbank. Erstmals konnten sich in diesem Jahr ver.di-Mitglieder und Beschäftigte über eine online-Befragung unmittelbar an den Diskussionen im Vorfeld beteiligen. Geeinigt hat man sich auf folgenden Katalog von Forderungen: Entgelterhöhung um fünf Prozent und eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen gestaffelt nach Ausbildungsjahren, Kündigungsschutz bis Ende 2022 und Einstieg in einen Zukunftstarifvertrag. Damit will die Gewerkschaft neben der Verbesserung der Einkommen auf die Veränderungen der Arbeitsbedingungen reagieren. Das Stichwort heißt Digitalisierung.

Gerd Tausendfreund, der sich bei ver.di Hessen besonders um die Postbank kümmert, beobachtet einen schleichenden Prozess der Verdrängung von menschlicher Arbeitskraft. Automaten übernehmen viele Funktionen, zum Beispiel Lesemaschinen für Daten der Überweisungsträger. Schon heute erledigen Kunden viele Geschäfte online, und die Postbank befördert diesen Prozess bewusst. Hinzu kommen "Fintechs". Der Begriff setzt sich zusammen aus "Finanz" und "Technologie". Das sind fixe kleine Unternehmen, die ohne Banklizenz arbeiten und in den Marktanteilen der traditionellen Banken wildern. Die Verbraucher können direkt Geld anlegen, einen Kredit aufnehmen, Rechnungen bezahlen oder sich beraten lassen. Bedingungen gibt es in der Regel nicht. Persönlicher Kontakt kommt nicht zustande. Auch eine Anfrage bei der Schufa erfolgt nur ansatzweise. Wer sich mit Fintechs abgibt, handelt sozusagen auf eigene Gefahr.

Zukunft verschlafen?

Solche Prozesse stecken noch in den Kinderschuhen, betont Gerd Tausendfreund. Aber die Gewerkschaften müssen sich darauf einstellen. Denn Arbeitsplätze und soziale Standards sind bedroht. Auch die gegenwärtig knapp 80 Filialen der Postbank und ihrer Tochterunternehmen in Hessen mit ihren etwa 700 Beschäftigten sollen "zukunftsfähig" werden. Das beginnt bei der Altersstruktur der Belegschaft. Durchschnittlich zählt man 49 Lebensjahre. Das soll sich nach ver.di-Vorstellungen ändern. Der Übergang ins Rentenalter soll über Vorruhestand oder Altersteilzeit flexibel, aber sozial abgesichert gestaltet werden. Und viel mehr Auszubildende sollen weiterbeschäftigt werden. In diesem Jahr werden in Hessen ganze 18 Auzubis bei der Postbank eingestellt. "So verschläft man die Zukunft", warnt Tausendfreund.

Wie es in den Filialen konkret aussieht, beschreibt Heinz Peter Klotz. Er kennt sich genau aus, denn er ist seit 1977 dabei, als die Deutsche Bundespost noch dem Staat gehörte. Heute vertritt er Beschäftigteninteressen im Betriebsrat und als Vorsitzender der ver.di-Betriebsgruppe Postbankfilialen in Hessen. Die Automatisierung, so Heinz Peter Klotz, habe zur Folge, dass auch in Hessen in bisher nicht gekanntem Ausmaß Filialen geschlossen werden und sich in den verbliebenen die Arbeit stark verändert.

Filialen geschlossen

Das klassische Geschäft bestand beispielsweise im Angebot von Girokonten sowie Ein- und Auszahlungen im In- und Ausland. Daneben gab und gibt es den Bereich der Post- und Paketdienste oder auch Bürozubehör. Diese Sparte wird aufgrund neuer Abrechnungsverträge mit der Post AG nicht mehr als lukrativ angesehen. Mit der Einführung von SBK, Selbstbedienten Kassenautomaten, werden die Geldautomaten von Beschäftigten fremder Firmen gefüllt und geleert. Dadurch fallen Vor-und Nachbereitungszeiten in den Dienstplänen in nicht unerheblichem Umfang weg. Auch die Brief- und Paketannahme soll vollständig automatisiert werden. Heinz Peter Klotz: "Wir sind auf dem Weg in eine neue Selbstbedienungswelt. Der Kunde erledigt mit Maschinen - bis zum Wert von 1.000 Euro - alles selbst."

Paradoxerweise führt das Einsparen von Tätigkeiten für die Beschäftigten aber nicht zu Erleichterungen, sondern zu schlechteren Dienstplänen, wenn nicht gar zum Arbeitsplatzverlust. Neueinstellungen sind in der Regel befristet. In den Filialen herrschen Leistungsverdichtung und chronische Unterbesetzung, die oft zu kurzfristigen oder gar zu mehrtägigen Schließungen führt - was die Kunden nicht erfreut. Die Beschäftigten stehen unter enormem Druck. Zudem liegt noch im Dunkeln, wohin die Reise mit dem gesamten Unternehmen geht. Daher stehen für Heinz Peter Klotz bei den Tarifverhandlungen der Kündigungsschutz, die Verringerung der variablen Gehaltanteile und ein "Generationenvertrag von jungen und älteren Beschäftigten" als wichtige Bausteine für die Zukunft "ganz oben" auf dem Plan.