Die wachsende Gefahr von Altersarmut war im vergangenen Jahr eines der bestimmenden Themen des Bundestagswahlkampfs. Mit Aktionen, Argumenten und Veröffentlichungen haben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften dazu beigetragen, dass die Frage nach einem würdigen Leben im Alter auf die politische Tagesordnung gerückt ist. Denn dass das Niveau der durchschnittlichen Altersrenten mit jedem Jahrgang, der in Rente geht, immer niedriger wird, ist die Folge von politischen Entscheidungen. Lag das Rentenniveau 2004 noch bei 53 Prozent, sind es aktuell nur noch knapp 48 Prozent.

Bis 2030 sollte es politisch gewollt auf 43 Prozent absinken. Das würde nach heutigem Stand bedeutet, dass ein Verdienst von 2.500 Euro brutto im Monat nach 40 Beitragsjahren gerade mal für eine Rente von 909 Euro vor Steuern reichen würde. Privat vorsorgen sollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vier Prozent ihres Bruttoeinkommens in eine sogenannte Riester-Rente investieren. Doch niedrige Gehälter reichen kaum zum Leben – und schon gar nicht für private Vorsorge.

„Die Politik der Teilprivatisierung der Altersvorsorge hat auch zu einem massiven Legitimationsproblem des Alterssicherungssystems geführt“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske beim Tag der Selbstverwaltung von ver.di. Immerhin hätte die Rentenkampagne der Gewerkschaften im Bundestagswahlkampf dazu geführt, dass CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag erste Änderungen festgeschrieben haben. Bis 2025 soll das Rentenniveau auf dem heutigen Stand von 48 Prozent stabilisiert, sollen eine Grundrente eingeführt und die Erwerbsminderungsrente verbessert werden. Auch sollen Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.

Das nannte Bsirske einen „begrenzten Kurswechsel“. Darauf ausruhen könnten sich die Gewerkschaften noch lange nicht. In den kommenden Wochen wird die zehnköpfige Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ ihre Arbeit aufnehmen und – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – über die „nachhaltige Sicherung und Fortentwicklung der Alterssicherungssysteme ab dem Jahr 2025“ beraten. Schon jetzt argumentieren entsprechende Lobbygruppen mit angeblich für die Wirtschaft zu hohen Sozialbeiträgen. „Die Rente muss für die Wirtschaft bezahlbar bleiben“, hatte die Generalsekretärin der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, kurz nach ihrer Wahl im März gesagt.

Riester-Rente war der falsche Weg

DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach kritisierte beim Tag der Selbstverwaltung, dass die Rentenpolitik der vergangenen Jahre zu stark auf die Beitragshöhe fixiert gewesen sei. Sie vertritt die Gewerkschaften in der Rentenkommission. Dieser „Tunnelblick“sei aber ebenso wie der Zwang zu mehr privater Vorsorge über die Riester-Rente falsch gewesen.

Sie rechnete vor, dass von den Arbeitnehmern mit der Riester-Rente bereits heute eine um vier Prozentpunkte höhere Zahlung für die Altersvorsorge erwartet werde als von den Arbeitgebern. Derzeit ist festgelegt, dass die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 22 Prozent steigen sollen, paritätisch finanziert von Arbeitnehmer/innen und Arbeitgebern. Rechne man jetzt, so Buntenbach, noch je die vier Prozentpunkte von beiden Seiten hinzu, die die Beschäftigten schon heute für die private Vorsorge zahlen sollen, komme man auf 30 Prozent – und das sei mehr als genug, um eine zukunftsfeste und vor allen Dingen auskömmliche Rente zu finanzieren, die für ein würdiges Leben im Alter reicht. Der DGB-Bundeskongress hatte sich Mitte Mai für ein Rentenniveau von 50 Prozent ausgesprochen.

Klar sei auch, dass niemand hohe Beiträge prima finde, sagte Buntenbach. Aber für gute und verlässliche Leistungen seien die Menschen bereit, mehr zu bezahlen. Dabei verwies die Gewerkschafterin auch auf die gesetzliche Krankenversicherung. Immer mehr Leistungen seien hier in den vergangenen Jahren abgebaut worden. Vieles müssten die Versicherten alleine finanzieren, hinzu kämen Zusatzbeiträge. Auch hier hat die Bundesregierung angekündigt, zur paritätischen Finanzierung zurückkehren zu wollen.

Es könne aber nicht sein, dass die Rücklagen der Krankenkassen, die die Versicherten über Zusatzbeiträge erwirtschaftet hätten, zu Gunsten von niedrigen Beiträgen abgeschmolzen werden. Davon würden auch die Arbeitgeber profitieren. Buntenbach regte an, die Leistungen für die Versicherten auszuweiten.